Psychose / Paranoia / Schizophrenie

und ihre Abgrenzung von / Überlagerung mit dissoziativen Störungen

"Als Therapeut kann man sich von dem schnellen Wechsel der Übertragung und den teilweise heftigen affektiven Reaktionen sowie den dissoziativen Symptomen geängstigt fühen. Nicht selten kommt es vor, dass die Patienten dann fälschlich als Psychotiker eingestuft werden und die Therapie abgebrochen oder geändert und z.B. in eine medikamentöse Behandlung übergeleitet wird."

Aus: Egle / Hoffmann / Joraschky (Hrsg), 2. Auflage, Seite 269 (Artikel über Dissoziative Störungen).

Inhaltsverzeichnis:

  1. Einleitung / Hintergrund
  2. Missstände im Gesundheitssystem: Beispiele für systematische Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen
  3. Ursachen von Psychosen: Störungen von Botenstoffen als Folge traumatischer Erlebnisse
  4. Schwere Mängel im psychiatrischen Klassifikationssystem
  5. Biologische und psychodynamische Erklärungen für psychotisches und paranoidales Verhalten
  6. Wie können psychotische und paranoidale Symptome durch Missbrauch und Misshandlung entstehen?
  7. Sekundärschäden durch die Psychiatrie
  8. Folgerungen und angemahnte Konsequenzen
  9. Tipps für Angehörige
  10. Tipps für Betroffene
  11. Literatur

Einleitung / Hintergrund

Mit "Psychose", "Schizophrenie" und "Paranoia" werden psychische Erscheinungen bei Menschen bezeichnet, die "normale" Menschen als "verrückt" bezeichen, weil sie sie nicht verstehen können, und weil sie scheinbar grundlos beim Betroffenen auftreten. Meist kann der Betroffene auf Anfrage auch keine Auskunft darüber geben, da er sein inneres psychisches Erleben als fremd empfindet.

Schon seit Jahrhunderten werden "Verrückte" in die Psychiatrie eingeliefert und eingesperrt. Der umgangssprachliche Begriff "Irrenhaus" drückt ziemlich unverblümt aus, zu welchem Zweck die Psychiatrien ursprünglich gegründet worden sind: als Mittel zur sozialen Kontrolle. Die früheren Zwangsjacken sind heute weitgehend durch Medikamente ersetzt - dienen aber nach wie vor dem gleichen Zweck. Dies wird auch von vielen Vetretern psychiatrischer Richtungen ganz offen zugegeben bzw. ganz offen als Zweck der Psychiatrie charakterisiert.

Wer sich "freiwillig" in eine Psychiatrie begibt (oder wer darum "gebeten" wird), der sollte dieses Faktum unbedingt wissen!

Natürlich legen viele heutige psychiatrische Einrichtungen Wert darauf, dass sie (auch oder vorrangig) für ihre Patienten da seien und ihnen helfen wollten. Ob dies gelingt, hängt jedoch von den Modellen ab, mit denen Symptome bewertet und auf Ursachen zurückgeschlossen wird (Wirklichkeits-Konstruktion).

Die heutige Psychiatrie fußt im Wesentlichen nach wie vor auf einem sehr alten Grund-Paradigma: endogen psychotische Erscheinungen seien Symptome einer "Krankheit", und zwar vorrangig einer "Krankheit im Gehirn". Wer als Überlebender von sexuellem oder physischem Missbrauch in die Psychiatrie gerät, dem wird durch diese Grundeinstellung vermittelt, dass er krank im Kopf sei.

Erst langsam meldet sich in einigen Zweigen der Psychiatrie (leider noch längst nicht durchgängig) eine Erkenntnis zu Wort: Überlebende von sexuellem Missbrauch und anderer Gewalt bzw Traumatisierte sind nicht krank im Kopf, sondern Geschädigte!

Das ist ein fundamentaler Unterschied.

Wer einem Geschädigten eine "Krankheit im Kopf" einredet, die er gar nicht hat, der vergrößert damit den Schaden.

Ich werde hier ein paar Thesen vorbringen, die einigen landläufigen psychiatrischen Überzeugungen widersprechen, und ich werde dafür Belege anführen.

Fast alle Psychiatrie-Schulen (zu denen moderne Trauma-Spezialkliniken ausnahmsweise meist nicht gehören) glauben, dass viele psychische Störungen durch Ungleichgewichte in der Körper-Chemie bzw. Biologie verursacht würden, und dass man deswegen nur durch Gabe von Medikamenten helfen könne; psychotherapeutische Maßnahmen brächten nicht viel oder könnten höchstens unterstützend eingesetzt werden. Selbst fortschrittlichere Kräfte, die inzwischen auch psychodynamische Ursachen in Betracht ziehen, ziehen in alter Freudscher Tradition meist nur unbewusste Konflikte (insbesondere den Ablösungs-Konflikt vom Elternhaus) in Betracht, anstatt endlich die schon lange bekannten Fakten über die Auswirkungen realer Traumata und der damit verbunden realen Konflikte zur Kenntnis zu nehmen!

Derartige Grundeinstellungen und die daraus resultierenden Fehlbehandlungen können für Überlebende von sexuellem Missbrauch und anderer Gewalterfahrungen buchstäblich tödliche Folgen haben - ganz besonders für diejenigen unter ihnen, die ihr Trauma noch verdrängt oder dissoziiert haben. Durch die klassische Voreinstellung der Psychiatrie und ihre Wirklichkeits-Konstruktion werden andere Ursachen außerhalb des chemischen Horizontes aus dem Blickwinkel verloren. Wer als Betroffener von sexuellem Missbrauch, der unter dissoziativen Symptomen wie Amnesie leidet und daher gar nicht von seinem Missbrauch weiß, das Pech hat, in die Mühlen einer solchen Psychiatrie zu geraten, der kann dort schwerste Schäden erleiden. Seine Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit kann bis zum Selbstmord gesteigert werden.

Diese Schäden sind zusätzlich zu den Schäden, die der Betroffene bereits als Kind durch Missbrauch oder andere Gewalterfahrungen erlitten hat. Sie wären vermeidbar, wenn die oft zu beobachtende betonharte Ignoranz seitens einiger Pychiater endlich aufgegeben würde.

Missstände im Gesundheitssystem: Beispiele für systematische Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen in der Psychiatrie

Vor einigen Jahren kam meine Freundin in die Psychiatrie. Dort hat sie eine Leidensgenossin getroffen, die der gesamten Gruppe folgendes erzählte: ca. 4 Jahr vorher, als sie ein 16-jähiges Mädchen war, wurde sie nach einem Disco-Besuch vergewaltigt.

Später kam diese Kollegin in die Psychiatrie, weil sie mit ihren heftigen Flashbacks im Alltag nicht mehr zurechtkam, die sie aufgrund dieser Vergewaltigung immer wieder einholten. Es kamen ihr einfach immer wieder heftige Bilder und Szenen aus dieser Vergewaltigung hoch.

In einem Gruppengespräch, das von einem Psychiater geleitet wurde, sagte sie in etwa folgendes: Sie war einige Zeit vorher wegen ihrer Essstörung in einer (anderen) psychosomatischen Klinik gewesen, in der man ihre Flashbacks als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) erkannt hatte. In der jetzigen allgemeinen Psychiatrie wurde jedoch behauptet, sie habe eine Psychose. Als sie vor der Gruppe ihre Unsicherheit über die beiden total unterschiedlichen Diagnosen zum Ausdruck brachte, antwortete der Psychiater vor den Augen meiner Freundin folgendes: "Die [Leute] in der psychosomatischen Klinik haben keine Ahnung. Dies hier ist eindeutig eine Psychose."

Kein Wort über die Vergewaltigung. Und dies, obwohl die Leidensgenossin nicht nur meiner Freundin sondern allen ganz offen erzählt hat, welche Sorte von Bildern bei ihr hochkamen, und dass diese Bilder nicht weggehen.

Als sie ihre Flashback-Symptome ansprach, wurde so getan und angedeutet, als ob es in Richtung "Hallus" (Insider-Slang in der Psychiatrie für "Halluzinationen") gehen würde. Dies wurde aber nicht direkt behauptet, sondern nur unterschwellig (jedoch mit Nachdruck) angedeutet - was für die Betroffene nach meinem Dafürhalten umso schlimmmer gewesen sein muss, weil sie sich dagegen noch weniger hätte wehren können.

In der wissenschaftlichen Literatur wird gefordert, eine genaue Differentialdiagnose zu erstellen und andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Stattdessen wurden ihre Symptome ignoriert, und der anderen Klinik wurde pauschal die Kompetenz abgesprochen, um dann eine medikamentöse Behandlung der angeblich endogenen Psychose einleiten zu können (da laut Aussage dieses Psychiaters bei endogener Psychose eine alternative Psychotherapie angeblich überhaupt nichts nützen würde).

Eine andere Frau wurde vor den Augen meiner Freundin mit psychischen Mitteln effektiv zwangsbehandelt: mehrere gleichzeitig anwesenden Ärzte redeten solange heftig auf sie ein und drohten mit angeblich schlimmen Konsequenzen ihrer anfänglichen Weigerung, sich eine Neuroleptika-Depotspritze verabreichen zu lassen, bis ihr Widerstand irgendwann zusammenbrach und sie sich die Spritze mit den Hammer-Medikamenten willenlos injizieren ließ.

Meine Freundin selbst hat nach der Überweisung in diese Psychiatrie eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (landläufig auch einfach nur als "Schizophrenie" bezeichnet, wobei es in der Wissenschaft noch genauere Unterscheidungen gibt) diagnostiziert bekommen, obwohl auch sie Flashbacks hatte und einige Zeit vorher bei einer ambulanten Untersuchung ein Anfangsverdacht wegen einer akuten PTBS geäußert worden war.

Diese Diagnose einer endogenen Psychose hat sie bereits beim Aufnahmegespräch in der Psychiatrie nach etwa 15 Minuten erhalten. Auf die Frage nach "Stimmenhören" hatte sie korrekterweise geantwortet, das dass dies früher(!) mal gelegentlich(!) vorgekommen war. Angeblich sei dies ein untrügliches Zeichen einer Psychose. Dass Stimmen auch bei dissoziativen Störungen und anderen intrusiven Trauma-Folgen auftreten können (und zwar recht häufig), wusste meine Feundin damals noch nicht. Daher konnte sie diese "Fachdiagnose" auch nicht in Frage stellen. Weitere fachliche Untersuchungen zusätzlich zu diesem einen einzigen Aufnahmegespräch fanden nicht statt, obwohl sie mehrfach angekündigt waren.

Auch bei meiner Freundin wurde behauptet, es handele sich klarerweise um eine organisch / chemisch bedingte Störung, gegen die angeblich nur Medikamente helfen würden. Die daraufhin in hoher Dosierung verabreichten Medikamente (Neuroleptika, Antidepressiva) haben sie beinahe kaputt gemacht. In einer sogenannten "psychoedukativen Gruppe" wurde ihr wiederholt eingetrichtert, dass sie unbedingt ihre Medikamente ihr gesamtes restliches Leben lang nehmen müsse. Ihr wurde gesagt, dass sie wegen ihrer schweren Krankheit nie wieder arbeiten können würde.

Alleine mit dieser vollkommen aus der Luft gegriffenen Zukunfts-Vorhersage lag dieser Behandler (objektiv gesichert) völlig falsch! Allerdings vermutlich nur deshalb, weil meine Freundin auf eigenen Wunsch (entgegen ärztlichem Ratschlag) zwei Monate nach der Entlassung wieder eine Arbeit gesucht hat und danach die schweren Hammer-Medikamente (Neuroleptika) eigenmächtig abgesetzt (bzw. "langsam ausgeschlichen") hat (da sie auf der physischen Ebene süchtig machen, wie sie mir versichert hat) -- und siehe da, ihr ging es daraufhin besser! Nicht nur ihr Muskelzucken unter dem Auge (Tic), das sich seltsanerweise während(!) des Psychiatrie-Aufenthaltes entwickelt hatte (und ihrem Selbstbild schwer zu schaffen machte) ging daraufhin weg. Auch ihre schwere bleierne Müdigkeit und Depressions-Symptome, sowie das Fremdheits-Erleben ihres eigenen Körpers gingen weg!

Man muss sich das einmal vorstellen: das "Fremdheitsgefühl" stellt angeblich laut Psychose-Fachliteratur ein untrügliches Zeichen der Psychose dar, aber genau dieses bei der Aufnahme noch nicht vorhandene Gefühl wurde ganz offensichtlich ausgerechnet von den Psychose-Medikamenten hervorgerufen! Auf die Idee, dass es sich eventuell auch um eine Derealisation (also ein trauma-bedingtes dissoziatives Symptom) gehandelt haben könnte, kam anscheinend niemand. Nicht nur das: Hinweise auf anderslautende Vordiagnosen wurden einfach abgebügelt.

Ich habe noch Jahre nach diesem Psychiatrie-Aufenthalt ein Überzeugungs-System (Introjekt-System) bei meiner Freundin spüren können, das von Überzeugungen ihrer eigenen "Krankheit" und von "Hallus" gekennzeichnet war und erst jetzt nach einigen Jahren und vielen Gesprächen mit ihr langsam verblasst.

Fazit: was sie damals arbeitsunfähig gemacht hat, war in Wirklichkeit nicht ihre angeblich endogene Psychose, sondern die schweren Medikamenten-Geschütze. Von sorgfältiger Abwägung der Nebenwirkungen und Risiken ihrer Medikamente war in dieser Institution keine Spur zu finden! Es wurde einfach behauptet, sie sei so schwer krank und die Krankheit (diagnostiziert war eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis) würde zurückkehren (d.h. laut Literatur über Schizophrenie und laut Eintrichterung in der "psychoedukativen Gruppe" angeblich zum geistigen Verfall führen), wenn sie ihre Medikamente nicht regelmäßig nehmen würde (Einschüchterung und Drohung, Einschränkung ihres freien Willens). Überprüfung ihrer Diagnose durch eine unabhängige andere Meinung? Fehlanzeige! Überprüfung ihres heutigen geistigen Zustandes, der alle damaligen "Diagnosen" Lügen straft? Keine! Konsequenzen für die Fehlbehandler? Auch keine!

So wurde jedoch nicht nur meine Freundin behandelt, sondern auf systematische Weise praktisch alle, die aus irgendeinem Grund in dieser Station landeten.

Ursachen von Psychosen: Störungen von Botenstoffen als Folge traumatischer Erlebnisse

Zunächst einmal werde ich aufzeigen, dass wesentliche charakteristische Einstellungen und Überzeugungen mancher psychiatrie-gläubiger Mediziner, eine veränderte Psyche bei einer Psychose komme mehr oder weniger nur von der Körperchemie, wissenschaftlich auf sehr dünnem Eis gebaut sind.

Wie Trauma-Forscher um van der Kolk und andere durch Tierversuche herausgefunden und experimentell nachgewiesen haben, kann man (auch langfristige) Störungen der Körper-Chemie reproduzierbar dadurch hervorrufen, dass man das Versuchstier traumatischem Stress wie z.B. Lebensgefahr aussetzt. Nicht nur kurzfristige, sondern insbesondere auch langlebige Veränderungen des Serotonin-Spiegels im Gehirn und anderer Botenstoffe wie Glukokortikoide sind experimentell nachgewiesen worden, insbesondere bei wiederholten Traumatisierungen (wie sie bekanntermaßen z.B. bei physischen oder sexuellem Missbrauch häufig auftreten). Diese Experimente belegen eindeutig, dass die Störung der Körper-Chemie eine Folge des erlittenen Traumas darstellt, während die Psychiatrie auch heute immer noch beharrlich glaubt, die veränderten Botenstoff-Gleichgewichte seien die Ursache der psychischen Veränderungen.

Weitere Experimente und Untersuchungen belegen, dass dissoziative Störungen und Amnesien ebenfalls eine Folge von traumatischen Erlebnissen darstellen. Wer also bei einem Psychiatrie-Patienten lediglich Störungen des Gleichgewichtes von Botenstoffen feststellen kann, aber sonst nichts weiteres erfahren kann (insbesondere wegen Vorliegens von Amnesien oder der häufigen Verleugnung von Opfern, sie hätten eine glückliche Kindheit gehabt, oder weil er wegen seines pharmakologisch orientierten Weltbildes Patienten-Berichte von Gewalt und Missbrauch als "Halluzinationen" abtut), der betreibt eine unzulässige und durch nichts begründete Schlussfolgerung, wenn er die Chemie als primäre Ursache der Störung ansieht, und er ignoriert damit den neuesten Stand der Forschung eines benachbarten Fachgebiets.

Nichts auf der Welt kann beweisen, dass die chemische Störung nur "aus dem Nichts" entstanden sein kann (sogenannte endogene Störung). Beweise für das Vorkommen des Gegenteils sind hingegen geführt worden.

Merksatz: Wer behauptet, eine Störung sei endogen, der muss vorher sämtliche anderen Entstehungs-Möglichkeiten zuverlässig ausgeschlossen haben.

Dieser wissenschaftliche Grundsatz wird jedoch in der Praxis reihenweise missachtet.

Diese Missachtung führt automatisch zu einer Diagnose, aufgrund deren nach aktuellem Kenntnisstand dann nur noch Medikamente als alleinige Therapie in Frage kommen. Ob diese Medikamente wirklich notwendig sind oder schwere Nebenwirkungen haben, braucht dann aufgrund der erteilten Diagnose nicht weiter untersucht oder beachtet zu werden - weil einmal erstellte Diagnosen nicht hinterfragt werden müssen.

Ich halte es für einen schweren gesundheitspolitischen Skandal, dass man mit dieser von den Gesetzen gedeckten Vorgehensweise Opfer von Vergewaltigungen oder sexuellem Missbrauch eine falsche oder sogar schädliche Therapie aufzwingen und ihnen durch medikamentöse Zwangsjacken weiterhin Gewalt antun kann - und dies auch in der Praxis tatsächlich tut, wie die Beispiele belegen!

Vor allem: es muss aufhören, dass man als Patient das Vorliegen eines Traumas erst "beweisen" muss, bevor ein Mediziner überhaupt anfängt in Erwägung zu ziehen, dass vielleicht ein solches vorliegen könnte (von den zahlreich dokumentierten Fällen ganz zu schweigen, in denen deutliche Hinweise ignoriert oder bagatellisiert wurden, oder noch schlimmer als "Halluzinationen" uminterpretiert wurden).

In Zukunft muss es umgekehrt gehandhabt werden: wer eine sogenannte endogene Störung diagnostizieren will, der muss vorher andere Ursachen sicher ausgeschlossen haben, insbesondere auch Traumata (was aus methodischen Gründen nicht leicht ist). Ansonsten begeht er nicht nur einen schwerwiegenden wissenschaftlichen Fehler, sondern in der Praxis auch einen Behandlungsfehler, der in Zukunft juristische Folgen haben sollte.

Leider enthält das aktuelle deutsche Psychotherapeutengesetz (PThG) einen gut versteckten Konstruktionsfehler: es schreibt lediglich vor, dass bei psychischen Symptomen abgeklärt werden muss, ob organische Ursachen dahinterstecken. Das für Normaldenkende Offensichtliche fehlt jedoch: bei (ebenfalls psychischen) Symptomen muss umgekehrt nicht abgeklärt werden, ob naheliegende Ursachen auf derselben psychischen Ebene wie z.B. Psychotraumata dahinterstecken. Durch diese Asymmetrie wird den obigen beispielhaften Missbräuchen Tür und Tor geöffnet: wer behauptet, ein bestimmtes psychisches Symptom habe organische Ursachen und diese dann "diagnostiziert", braucht laut Gesetz mögliche weitere / alternative psychische Ursachen wie z.B. Psychotraumata nicht mehr auszuschließen. Auch braucht er anscheinend keine Negativ-Symptome zusätzlich zu den Schneiderschen Symptomen ersten Ranges sorgfältig nachzuprüfen, obwohl dies in der wissenschaftlichen Literatur glasklar gefordert wird!

Folge: die Pharmaindustrie kann aufgrund der reinen Behauptung einer organischen Ursache abkassieren, denn weitere Nachweispflichten stehen nicht im Gesetz. Das Gesetz ist an dieser Stelle weder fair noch wirklich vorsorglich für die Volksgesundheit!

Es wird Zeit, dass die Wege durchleutet werden, wie derartige Gesetze zustande gekommen sind.

Nach den Erkenntnissen der Trauma-Forschung gilt der Grundsatz "Trauma first" (Reddemann u. Sachsse 1999), d.h. eine Trauma-Behandlung muss Vorrang vor anderen möglicherweise gleichzeitig zutreffenden Diagnosen bekommen. Allein dieser in der Trauma-Forschung völlig klare Grundsatz wird immer wieder von Psychiatern anderer Fachrichtungen missachtet. Wann wird die Sozialgesetzgebung diesen Grundsatz endlich aufgreifen?

Es kann nicht angehen, dass Psychiatrie-Ärzte Überlebenden von physischem oder sexuellem Missbrauch die Echtheit ihrer Erinnerungen absprechen und dabei eklatant gegen die anerkannten Grundsätze der Missbrauchs-Therapie verstoßen (und dies nach Gesetzeslage anscheinend auch noch dürfen!), indem sie behaupten, die Störung könne einzig und allein nur durch Störungen oder Krankheiten im Gehirn erklärt werden. Ich habe derartige Berichte über Psychiater bereits in Massen von anderen Überlebenden gehört; zu den Gesetzeslücken gibt es demnach eine wohldurchdachte Ausbeutungs-Infrastruktur.

Für sexuell Missbrauchte kann die Zuweisung einer "Krankheit" oder "Störung" eine ähnliche Wirkung haben wie ein erneuter Missbrauch: Infragestellen der eigenen Wahrnehmung (wie damals durch den Täter => Beschädigung des Opfers), negieren und bagatellisieren des Opfer-Charakters, Verdrehungen durch angebliche "Halluzinationen" (analog zu den Täter-Verdrehungen), Gefühle von Ohnmacht und Verzweiflung (Steigerung der Depression / Dekompensation), und nicht selten auch die erneute Schuldzuweisung an sich selber, "versagt" zu haben. Versagt hat hier aber in Wirklichkeit die Psychiatrie bzw das Gesundheitssystem als System!

So etwas kann fatale Folgen für Menschen haben, die sich in der Aufdeckungskrise befinden - bis hin zum Selbstmord. Von den heftigen Nebenwirkungen der ohne Grundlage verabreichten Medikamente erst gar nicht zu sprechen.

Psychiatrie-Ärzte, die die neuere Literatur aus der Trauma-Forschung noch nicht einmal kennen oder nicht kennen wollen (geschweige denn die notwendigen Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen gezogen haben, insbesondere zum Thema Amnesie), oder die herablassende Kommentare über angebliche Fehleinschätzungen von Kollegen aus spezialisierten Trauma-Kliniken abgeben, sind ihrerseits fehl am Platz und sollten von ihren Posten entfernt werden, weil sie extremen Schaden anrichten.

Schwere Mängel im psychiatrischen Klassifikationssystem

Schauen wir uns die Kriterien für die Schizophrenie im ICD 10 Abschnitt F20 und ihre diversen Unterformen, sowie die Kriterien für die "schizotypische Persönlichkeitsstörung" im ICD 10 Abschnitt F21 (durch Internet-Recherche leicht zu finden) genauer an: Es gibt ganz offensichtlich weit reichende Überschneidungsmöglichkeiten mit dissoziativen Störungen, vor allem mit der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS). Trotzdem wird eine differentialdiagnostische Abklärung zu diesen konkurrierenden Störungen im ICD nicht für erforderlich gehalten! Eine Diskussion der Abgrenzung findet sich lediglich in der Literatur über dissoziative Störungen.

Worin bestehen diese Überschneidungen? Bei intensiver Betrachtung der zugrundeliegenden Symptome (nicht ihrer Darstellung / Ausformulierung) komme ich zu folgendem Ergebnise: alle angegebenen Schizophrenie-Symptome können auch bei einer PTBS auftreten! Dazu gehören insbesondere auch die angeblich zur Unterscheidung zwischen organisch und traumatisch bedingten Störungen geeigneten Negativ-Symptome wie z.B. die Affekt-Verflachung und der geistige Verfall.

Ein Beleg hierfür ist bei Van der Kolk (s.u. Literatur) auf Seite 263/264 zu finden, mit Hervorhebungen von mir:

Betäubung ist eines der hartnäckigsten Symptome bei PTBS. Viele Personen, die nicht mehr an Störungen durch das Trauma leiden, fühlen sich nach wie vor motivationslos und "tot". Im Gegensatz zu den intrusiven PTBS-Symptomen, die als Reaktion auf äußere Reize auftreten, gehört die Betäubung zu den Grundfunktionen dieser Patienten. Emotionale Taubheit stört auch die Heilung des Traumas... [...]

[...]Speziell bei Patienten, die Opfer eines Kindheitstraumas wurden und die weiterhin dissoziieren, kann das intrusive Wiedererleben so lebendig sein, dass die Patienten es nicht von der Wirklichkeit unterscheiden können. Per Definition sind diese Erfahrungen psychotisch; jedoch unterscheiden sie sich von psychotischen Symptomen, die man bei anderen Störungen findet, da diese Patienten anscheinend tatsächliche Ereignisse, in verzerrter oder nicht verzerrter Form, nochmals durchleben. Die Halluzinationen und Wahnvorstellungen, wie sie bei Flashbacks auftreten, sollten besser als dissoziative Phänomene begriffen werden.

Anmerkung: Leider kann man Van der Kolks Kriterium der Verknüpfung von Erinnerungen an tatsächliche Ereignisse sehr oft nicht überprüfen. Wegen des "Faktors Amnesie" lässt sich noch nicht einmal das Vorliegen von Trauma-Erinnerungen als sicheres Unterscheidungsmerkmal heranziehen. Katatone Symptome (motorische Störungen) können u.a. auch bei dissoziativer Trance auftreten und sind daher keinesfalls ein sicheres Indiz für organisch bedingte endogene Psychosen. Sogar zu den Symptomen der schizoiden Persönlichkeitsstörung nach ICD 10 Kapitel V beträgt die Überschneidungsmöglichkeit mit dissoziativen Störungen und ihren Unterarten 100%.

Nochmals im Klartext: mangelnde emotionale Zugänglichkeit bzw "Taubheit" wird bisher als das zentrale Unterscheidungskriterium zwischen angeblich organisch bedingter Krankheit (z.B. endogener Psychose) und dissoziativen Störungen angesehen; die teils prospektiven Untersuchungen Van der Kolks an Kriegsveteranen belegen jedoch, dass genau diese Symptome häufig als Folge der Traumatisierung auftreten!

Sogar angeblich treffsichere Symptome für organische Ursachen wie Delirien können bei dissoziativen Störungen auftreten, siehe z.B. Nijenhaus Seite 37, Abschnitt über "Delirien: Dissoziative Episoden".

Weitere systemtheoretische Mängel des bisherigen Diagnose-Systems sind in meinem Dissoziations-Artikel bei den Wirkungs-Ketten erklärt.

Fazit: das existierende psychiatrische Diagnosesystem hat schwere wissenschaftliche Mängel. Denn ein Rückschluss von den Symptomen auf die zugrunde liegende Krankheit oder gar auf die angebliche Ursache ist damit prinzipiell nicht möglich! Damit provoziert das psychiatrische Diagnosesystem die weiter unten beschriebenen systematischen Fehldiagnosen geradezu. Von diesen systematisch provozierten Fehldiagnosen profitieren vor allem die beteiligen Interessengruppen, insbesondere die Pharmaindustrie.

Biologische und psychodynamische Erklärungen für psychotisches und paranoidales Verhalten

Als Spätfolge eines physischen oder sexuellen Missbrauchs / Vergewaltigung kann es durchaus zu einer psychotischen Dekompensation kommen, wenn lange Zeit dissoziierte / verdrängte Trauma-Inhalte flashback-artig ins Bewusstsein dringen und die normalen Verarbeitungsmöglichkeiten überfordern. Diese psychotischen Symptome können durchaus so heftig ausfallen, dass die dahinterliegende PTBS (oder andere dissoziative Störung) davon weitgehend zugedeckt wird und die Psychose ganz in den Vordergrund rückt.

Woran liegt das?

Wie in meinem Trauma-Artikel ausführlich erklärt ist, reagieren Menschen auf Lebensgefahr mit drei verschiedenen evolutionsgeschichtlich sehr alten Mustern: entweder Flucht oder wütende Verteidigung; wenn beides nicht möglich ist, gibt es als dritte Alternative noch den Totstellreflex.

Diese drei uralten biologischen Grundmuster entsprechen auf interessante Weise den Grundmustern von Störungen auf der psychischen Ebene:

Prinzipiell kann ein Bedrohter / Traumatisierter (also auch ein physisch oder sexuell missbrauchtes Kind) auf alle drei Arten reagieren. Also u.a. auch eine Psychose entwickeln.

Die klassischen psychodynamischen Theorien unterscheiden nur die Neurose von der Psychose, und weisen dabei der Dissoziation (Totstellreflex) keine eigene Kategorie zu - obwohl die grundlegenden Schwierigkeiten dieser reduzierten Sicht durch die Existenz der sogenannten "Borderline-Störung" (ursprünglich eine Mischform zwischen Neurose und Psychose) schon lange bekannt und dokumentiert sind. Bezeichnungen wie "schizophrene Psychose" (bei diagnostischen Unsicherheiten oft mit Zusätzen wie "aus dem schizophrenen Formenkreis") künden ebenfalls von den Unzulänglichkeiten der überkommenen Diagnose-Modelle.

Ein modernes Klassifikations-Modell sollte nicht nur alle drei Reaktionsweisen klar unterscheiden, sondern den vielen Kombinations- und Mischformen auf allen drei genannten Reaktions-Achsen systematische Bezeichnungen durch ein neues, generisches (noch zu entwickelndes) Nomenklatur-System zuweisen.

Eine Beispiel-Problemstellung: paranoidale Reaktionen können bei allen drei Reaktionsmustern auftreten; nach meinen eigenen Erfahrungen auch bei dissoziativen Verarbeitungsstrategien. Von ihrem Wesen her stellt Paranoia eine erhöhte Reiz-Empfindlichkeit gegenüber (potentiellen) Gefahren und Auslösern (Triggern) dar.

Weiterhin ist anzumerken und klarzustellen, dass die natürlichen biologischen Reaktionen auf Gefahr keine Störungen oder gar Krankheiten darstellen, sondern zu unserer lebensnotwendigen Grundausstattung gehören, die im Laufe einer langen Evolution entwickelt wurden. Gerade eine paranoidale Abwehr-Reaktion kann einmal ganz real lebensrettend gewesen sein, um drohende Wiederholungen frühzeitig erkennen zu können!

Meine These lautet deshalb:

Auch das, was Psychiater als Störung ansehen, ist aus subjektiver Sicht für den Betroffenen lebensnotwendig und hat eine mit den Symptomen zusammenhängende Ursache.

Das Finden der Ursache ist jedoch gerade bei Vorliegen von Amnesien ziemlich erschwert. Hinzu kommt, dass die drei Grund-Reaktionsmuster nur selten in Reinform, sondern meistens in verschiedenartig vermischten Formen auftreten. Diagnostisch umstrittene Störungsbilder wie die "Borderline-Störung" (ursprünglich eingeführt, um nicht eindeutig zuordenbares Entlangschrammen an der Grenze zwischen Neurose und Psychose mit einem Namen belegen zu können) künden von dieser methodischen Schwierigkeit.

Sodann muss eine vom Patienten wahrgenommene Ursache nicht immer in allen Fällen die tatsächliche Ursache darstellen. Verschieben der Ursache (Projektion) ist eine weitere Möglichkeit auf psychischer Ebene, um unlösbare Konflikte zwischen Flucht und Verteidigung aus subjektiver Sicht lösen zu können. Daraus folgt jedoch nicht, dass die wahre Ursache in der Realität weniger schlimm oder weniger lebensbedrohlich gewesen sein muss. Wer die Statistiken über das Ausmaß von sexuellem Missbrauch und Misshandlung in unserer Gesellschaft kennt, wird entsprechende Hinweise bei seinen Patienten nicht andauernd in Frage stellen; wer das trotzdem andauernd tut, der sollte seine eigenen unbewussten Motive aus seiner Lebensgeschichte aufarbeiten, denn sonst eignet er sich nicht zur Ausübung eines helfenden Berufes.

Beim Menschen können weitaus komplexere Störungen auftreten als bei einem Tier, u.a. weil ein Mensch auch deutlich komplizierter gelagerten lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt sein kann und eine deutlich komplizierte Gehirnstruktur aufweist (Neokortex).

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, typische Verhaltensmuster von sadistischen Tätern genauer zu untersuchen, die Kinder auf brutale Weise misshandeln: es werden Rede- und Denkverbote erteilt, es wird strikter Gehorsam mit Gewalt einprogrammiert, es werden Lösungswege und Auswege für das Opfer absichtlich und systematisch verbaut und verstellt, und zwar mit den Mitteln des Überlegenen. Hierzu sei beispielhaft auf Alice Millers Analysen von Hitlers Kindheit verwiesen (siehe http://www.alice-miller.com/bucher_de.php?page=2a sowie Literatur weiter unten). Da sadistische NS-Erziehungsmethoden auch nach dem Krieg weiter systematisch gelehrt und verbreitet wurden (insbesondere die weit verbreiteten "Erziehungsratgeber" von Johanna Haarer), sind größere Teile unserer Bevölkerung damit in Berührung gekommen als viele sich vorstellen können - ein riesiges Potential für früheste traumatische Erfahrungen. Kennzeichen von sadistischen Tätern ist, dass sie total verschobene und verdrehte Einstellungen und Verhaltensweisen mit Gewalt an Kinder weitergeben - und zwar oft im Geheimen, ohne dass dies bei einer Anamnese erkennbar sein muss. Natürliche Verhaltensweisen des Opfers wie Schreien und Hilfesuche werden erneut mit schwerer Gewalt und Lebensbedrohung bestraft, Wehren wird unterdrückt und ideologisch verboten. Dadurch werden "Verrückte" regelrecht herangezüchtet. Wer nach einer derartigen "Erziehung" nicht verrückt (psychotisch) geworden ist, der hat in Wirklichkeit eine riesige Leistung vollbracht.

Das sollten diejenigen endlich begreifen, die solche Ursachen nicht diagnostizieren können, weil sich die Betroffenen wegen ihrer Amnesie nicht an Übergriffe derartigen Charakters erinnern können, oder ihre hartnäckigen Verleugnungen nicht durchbrechen können, oder ihre dissoziativen Verarbeitungsmuster wie innere Stimmen als "fremd" und "außerhalb" erleben und diese Interpretationsweise auf den Diagnostiker übertragen, oder die vor lauter Schuld- und Schamgefühlen nicht über ihren sexuellen Missbrauch sprechen können.

Wer ein Opfer von sadistischem oder sexuellem Missbrauch in Unkenntnis der Hintergründe falsch behandelt, der trägt zur Verstärkung und Verschlimmerung der Folgen bei. Nicht selten werden Betroffenen "Krankheiten" eingeredet, die sie im eigentlichen Sinne gar nicht haben (weil ihre Reaktion in Wirklichkeit ein verzweifelter Überlebensversuch ist). Die alte Missbrauchs-Dynamik wird mit Hilfe von Krankenkassen-Geldern und teuren Psychiatrie-Aufenthalten wiederholt.

Wie können psychotische und paranoidale Symptome durch Missbrauch und Misshandlung entstehen?

Die erste natürliche Abwehrreaktion bei Lebensbedrohung ist das Wehren. Gegenüber einem viel stärkeren prügelnden Vater ist dieses jedoch zwecklos. Sehr kleine Kinder oder Babies haben schon von vornherein keine Chance.

Leider wissen sich gerade prügelnde und misshandelnde Eltern bei Gesprächen mit Diagnostikern sehr gut zu tarnen und sich als gute Eltern darzustellen. Falls sie ebenfalls dissoziativ gestört sein sollten, können sie bei den typischerweise relativ kurzen Konsultations-Gesprächen eine vollkommen anderen Eindruck hinterlassen, der dem diametral entgegensteht, was sie im Geheimen anrichten. Das Erkennen abgespaltener Täter-Anteile ist von außen auf die Schnelle beinahe unmöglich - dazu wäre eine sehr lange und intensive Beobachtung erforderlich.

Ein Kind, dem auf systematische Weise jedweder Ausweg verbaut wird (und dabei möglicherweise auch noch dissoziative Verhaltensweisen vorgelebt bekommt), muss immer kompliziertere Bewältigungsmuster benutzen, um zu überleben. Beispielsweise haben Grundschulkinder noch nicht das gesamte Repertoire eines Erwachsenen, um sich zu wehren. Bei einem paranoidalen Wehr-Versuch wird das kindliche Repertoire benutzt, zu dem auch Projektion und rituelles Wehren gehört. Wenn man den bösen Papa nicht umbringen kann (weil man von ihm existentiell abhängig ist), dann killt man eben den Teddybären oder erschießt den bösen Geist, der auf dem Dachboden herumspukt, mit dem Plastikgewehr.

Damit haben wir bereits das Grundmuster sogenannter "psychotischer" oder "paranoider" Episoden. Es handelt sich um nichts anderes als um einem ganz normalen Wehrversuch, der für Kinder einer bestimmten Altersstufe sogar typisch und ganz natürlich ist.

Wenn Erwachsene in ausweglose Situationen geraten und alle Lösungswege versagen oder verbaut sind, dann greifen sie in der Not zu beinahe jedem Rettungsmittel, das sie kriegen können. Darunter auch diese kindlichen Wehr-Muster, zu denen einige schon damals in ihrer unbeschreiblichen Not haben greifen müssen, um zu überleben.

Was von Psychiatern als Regression in kindliche Verhaltens- und Abwehrmuster beschrieben wird, muss nicht unbedingt eine "Erfindung" von Erwachsenen darstellen oder als "Halluzinationen" fehlgedeutet werden. Es kann auch ziemlich genau das als Kind erlebte Klima darstellen und ausdrücken. Wenn die bekannten Statistiken über das Ausmaß von Kindesmisshandlung endlich ernstgenommen würden, dann hätten zweifelhafte Wirklichkeits-Konstruktionen wie innere Konflikte (oder etwa gar angebliche "ödipale Konflikte", mit denen die Täter-Opfer-Relation von den Helfern verdreht wird) keine Chance mehr - und es würde klar, dass die existentiellen Konflikte eines derartig geschädigten Kindes echt sind.

Ein Paranoider tut in Wirklichkeit nichts anderes, als sich verzweifelt aus einer für ihn ausweglosen und bedrohlichen Situation zu befreien versuchen. Leider ist diese Bedrohung oft nicht direkt sichtbar. Deswegen wird sie auf "Unsichtbares", "Imaginäres" verschoben. Daraus jedoch zu folgern, es handele sich um ein "grundlose" Reaktion, ist vollkommen falsch! Manchmal besteht diese subjektiv wahrgenommene Bedrohung auch in der Aussicht, den Rest seines Lebens in der Psychiatrie verbringen zu müssen (zirkuläre Bedrohungs-Szenarien, selbsterfüllende Prophezeiung).

Wer dies weiß und beherzigt, der begegnet einem derart angeblich "Erkrankten" ganz anders als die herkömmliche Psychiatrie. Was letztere anzubieten hat, verschärft nicht selten den Druck und die Ausweglosigkeit, oder es zementiert das Leiden, nicht selten für den Rest des Lebens des Opfers.

Leider gibt es Leute, die gerade dadurch profitieren.

Sekundärschäden durch die Psychiatrie

Eines der störendsten Probleme von Missbrauchs-Überlebenden in ihren ersten Aufarbeitungs-Phasen ist fast immer ihre durch das Trauma gestörte Wirklichkeits-Konstruktion, insbesondere in Form von Leugnungen des Missbrauchs, Verdrängungen, Verdrehungen, und Täter-Implantate (Introjekte), oder eben auch sogenannte "psychotische" Verarbeitungsmuster. Wenn die Psychiatrie eine weitere falsche Wirklichkeits-Konstruktion durch Zuweisung einer "Krankheit im Kopf" hinzufügt anstatt die alten zu lösen, dann ist dies nicht nur nicht förderlich für die Heilung von den Folgen sexuellen oder physischen Missbrauchs, sondern im Regelfall schädlich:

Für diese Folgen trägt die Psychiatrie als Institution die Hauptverantwortung!

Was kann man gegen Psychiatrie-Schäden tun?

Normalerweise lautet meine Standard-Antwort auf Fragen nach Schadens-Behandlung immer "Therapie". Wenn jemand aber erst einmal in die Mühlen der Psychiatrie geraten und davon einen Schaden abgekriegt hat, kann das für einen derart Betroffenen so wirken, als würde ich von ihm verlangen, er solle ein Feuer mit Hilfe von Benzin löschen.

Ich muss ganz ehrlich sagen: wenn ein System, das (zumindest theoretisch) hätte Hilfe bringen sollen, selbst zum Verursacher weiterer Schäden geworden ist, dann bin ich ziemlich ratlos.

Ich kann nur mit meiner eigenen Erfahrung gegenhalten: nachdem mich meine damalige Ehefrau bereits in die Psychiatrie einweisen lassen wollte und mein erster Therapie-Versuch seitens des behandelnden ärztlichen Therapeuten in eine unterschwellige Drohung mit der Psychiatrie ("ob ich wohl paranoid sei") gemündet hatte und auch ein weiterer Therapeuten-Kandidat mir schon beim Erstgespräch unbedingt Psychopharmaka andrehen wollte, habe ich mehrere Dinge getan: 1. ich habe diesem unfähigen Therapeuten sofort eine Absage erteilt, 2. ich habe mich nicht unterkriegen lassen (dank Unterstützung durch einen anderen Überlebenden) und nicht auf das Verhalten aller Therapeuten generalisiert, und 3. ich habe mir einen ganz anderen ambulanten Therapeuten (Psychologe) gesucht, der mit völlig anderen Methoden arbeitet:

Der humanistische Therapie-Ansatz:

  1. Gehe als erstes in die Schuhe des Patienten und sehe alles aus seiner Warte.
  2. Versuche zu verstehen, was ihn zu dem scheinbar bizarren Verhalten bringt.
  3. Helfe ihm beim Aufbau eines neuen starken Ichs: übernehme dazu zeitweise die Funktion eines Hilfs-Ichs, stelle dich als Verbündeter an seine Seite.
  4. Erarbeite gemeinsam mit ihm weitere Möglichkeiten zur Vergrößerung seines Repertoires an Handlungsmöglichkeiten (Alternativen), z.B. sich überhaupt oder auf ganz andere Weise zu wehren.
  5. Stärke seine Fähigkeiten (Ressourcen), z.B. sich produktiv zu wehren und sich zu behaupten
  6. Reduziere Belastungs-Faktoren, z.B. traumatische Belastungen (vgl. meine Erfahrungen mit EMDR).
Anmerkung: über weite Strecken ist dies das Gegenteil von dem, was manche Psychiatrien auch heute noch in ihrer praktischen Ausführung veranstalten.

Mein Therapeut ist übrigens Psychologe (ein sogenannter psychologischer Psychotherapeut), kein Arzt oder Psychiater. Dies hat den Vorteil, dass er Psychopharmaka wie z.B. Neuroleptika erst gar nicht verordnen (und an ihnen verdienen) kann, also eine versteckte Zwangsjacke durch die Hintertür erst gar nicht ausüben kann. Auch an den typischen systematisch vorkommenden Fehldiagnosen wie Psychosen oder Schizophrenie, die als Vorwand für medikamentöse Fehlbehandlungen dienen könnten, kann er als Nicht-Arzt von vornherein kein eigenes finanzielles Interesse haben.

Also: nicht aufgeben. Es gibt auch ganz andere Psychotherapeuten (vor allem ambulante). Ganz hervorragend einfühlsame Therapeuten, sie einen sofort verstehen und annehmen, sind zwar nicht immer sofort zu finden, aber es lohnt sich, nach ihnen zu suchen. Nicht jeder Kanister enthält Benzin - es kann auch Wasser drin sein. Wenn man nicht genau hineinsieht, kann man es jedoch nicht herausfinden.

Folgerungen aus den Psychiatrie-Missständen und angemahnte politische Konsequenzen

Kehren wir zu den oben geschilderten Beispielen zurück.

Wie können derartige systematische Fehlleistungen zustande kommen?

Rein theoretisch könnte es sich um Unwissen handeln, beispielsweise wenn neuere Forschungsresultate aus benachbarten Disziplinen nicht bekannt sind, beispielsweise dass auch Trauma-Opfer durchaus eine Psychose entwickeln können, die jedoch einer vollkommen anderen Behandlung (sowie einer sorgfältigen Differentialdiagnose) bedarf, und zwar nach Richtlinien, wie sie in der Trauma-Forschung schon lange etabliert sind und in einigen Punkten unverträglich mit der klassischen Psychose-Behandlung sind.

Ebenso wäre es denkbar, dass viele Psychiater einfach nicht wissen, dass ein Symptom wie "Stimmenhören" überhaupt kein klares Indiz für eine Psychose ist, weil es auch bei dissoziativen Störungen oft vorkommt (siehe ausführliche Diskussion bei Fielder in der u.a. wissenschaftlichen Literatur; allein wegen dieser umfangreichen Fachdiskussion ist nicht gesichert, dass die Psychose als Ganzes überhaupt eine Krankheit darstellt - es könnte sich auch lediglich um ein komplexes Symptom oder einen Symptom-Komplex handeln).

Auch könnten viele Psychiater einfach nicht wissen, dass man eine endogene Psychose / Schizophrenie (also eine laut Lehrmeinung rein organisch bedingte Krankheit) nur dann einigermaßen zuverlässig differentialdiagnostizieren kann, wenn nicht nur die sogenannten "Schneiderschen Symptome ersten Ranges" (nach Kurt Schneider 1946) auftreten, sondern dass zusätzlich nach ICD 10 - F21 weitere Merkmale vorhanden sind: insbesondere sogenannte Negativ-Merkmale. Diese sind z.B. ausführlich bei Fiedler (s.u. Literatur) beschieben; Abschnitt über Differentialdiagnostik zwischen DIS und Schizophrenie.

Diese sogenannte "Minus-Symptomatik" äußert sich vor allem als Defizite in Störungen des Denkens und der Wahrnehmung, Affektverflachung und Antriebsminderung. Laut Lehrbuch-Meinung soll sie zur Differential-Diagnostik zwischen dissoziativ bedingten und organisch bedingten Störungen geeignet sein.

Volkstümlich könnte man diese Lehrmeinung vereinfacht so darstellen: während bei DIS innere Stimmen meistens einen Sinn ergeben und man mit ihnen "diskutieren" kann, sollten laut psychiatrischer Lehrmeinung die Stimmen bei (endogener) Schizophrenie hauptsächlich sinn- und zusammenhangsloses Zeug erzählen; der Patient sollte einen Eindruck ähnlich wie bei "Alzheimer" machen. Ich habe weiter oben bereits durch Literaturzitate belegt, dass diese Zusatz-Kriterien nicht ausreichen, um traumabedingte dissoziative von organisch bedingten psychotischen Störungen mit wirklich ausreichender Sicherheit unterscheiden zu können.

In vielen Publikums-Büchern über Psychose und Schizophrenie werden diese in der wissenschaftlichen Literatur angeblich wichtigen, aber nur subjektiv wahrnehmbaren und schwer unterscheidbaren Negativ-Symptome und ihre (angebliche) Bedeutung für die Unterscheidungs-Problematik zu dissoziativen Störungen jedoch nicht oder nur am Rande erwähnt; ja noch nicht einmal das Wort "Trauma" ist im Stichwortverzeichnis vieler derartiger Bücher zu finden. Der unbedarfte Laie kann beim Lesen dieser Bücher also gar nicht auf die Idee kommen, dass ihm eine extrem wichtige Information vorenthalten wird.

Man könnte nun annehmen, dass auch viele Psychiater einfach nicht wissen, dass es u.a. auf diese nur schwer (weil nur subjektiv) wahrnehmbaren Minus-Symptome angeblich entscheidend ankommt, deren Vorhandensein sich ganz sicher nicht in einem Erstgespräch von einer Viertelstunde abklären lässt. Ist hier also Unkenntnis auf Seiten der Psychiater am Werk?

Selbst wenn es so wäre: Unkenntnis ist keine Ausrede. In den Medizin kommt es oft vor, dass ein bestimmtes Symptom mehrere total unterschiedliche Ursachen haben kann, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben brauchen (z.B. kommt Durchfall als Begleiterscheinung sehr vieler verschiedener Krankheiten vor, ob grippaler Infekt oder Darmkrebs). Daher gibt es in der Diagnostik die Grundregel, dass bei uneindeutigen Symptomen weiter abgeklärt und geforscht werden muss, und dass sich Mediziner weiterbilden müssen, um neue Ursachen/Wirkungs-Ketten kennenzulernen und in Betracht zu ziehen. Genau dies tun aber manche Psychiater nicht, und zwar offensichtlich absichtlich, denn sie tun es selbst dann nicht, wenn man sie ausdrücklich auf die Problematik hinweist. Wie kommt das? Unkenntnis, Ignoranz, oder vielleicht doch noch etwas anderes?

Daher ein andere Hypothese. Man kann sich folgende Fakten vor Augen führen:

Und zwar ein Profit auf Kosten der Krankenkassen, somit der Allgemeinheit!

Dabei sind die weiteren Folgekosten für die Allgemeinheit wie z.B. die Frühverrentung noch gar nicht eingerechnet. Die Folgen für meine Freundin, ihren Verlust an Einkommen und Sozialstatus usw. ebenfalls noch nicht betrachtet!

Dieses Spiel wurde nicht nur bei meiner Freundin, sondern ganz offensichtlich auf systematische Weise bei hunderten, im Verlauf von Jahrzehnten eher tausenden von Patienten betrieben oder zumindest versucht. Und dies alles nur in einer einzigen Psychiatrie in Deutschland. Fangen wir einmal an, die direkten und indirekten Kosten und Folgekosten dieses Spiels für ganz Deutschland schätzungsweise hochzurechen, wenn auch nur 10% der deutschen Psychiatrien ein ähnliches Spiel auch nur mit einem Teil ihrer Patienten betreiben, dann kann einem schwindlig werden.

Wer sich weiterhin ganz naiv fragt, weshalb wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Forschung und Fachliteratur nicht in die Praxis umgesetzt werden, findet damit eine ebenso naive Erklärung: Weil es ein extrem profitables Ausbeutungs-System auf Kosten der Allgemeinheit und der Patienten abschaffen würde!

Dieser Spuk hätte ein Ende, wenn der Gesetzgeber die wissenschaftlichen Grundlagen von überholten und großteils falschen Krankheits-Konzepten und -Therapien unabhängig von den Pharmakonzernen überprüfen und andere Kriterien für die Bezahlung von Therapien anlegen würde. Denn eine Psychotherapie bei einem psychologisch anstatt pharmakologisch orientierten Therapeuten würde in der Gesamtbetrachtung nur einen Bruchteil kosten, und nach meinen Erfahrungen sowie den Erfahrungen vieler anderer Überlebender obendrein viel besser wirken und auch noch die indirekten sozialen Folgekosten ganz anders beeinflussen.

Stattdessen bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen wissenschaftlich nachgewiesen sehr wirksame Trauma-Therapien wie z.B. EMDR immer noch nicht als eigenständige Therapieform, während seit 50 Jahren veraltete Methoden, die damals die Aufnahme in den "Standardkanon" der Diagnosen und Therapien geschafft hatten, immer noch unhinterfragt bezahlt werden, egal was es auf Dauer kostet. Es nützt nichts, neuere Verfahren endlich zuzulassen, wenn man es gleichzeitig versäumt, falsche und veraltete sowie zur Ausbeutung animierende Methoden hinauszuwerfen!

Zurück zu den Zuständen in der beispielhaft betrachteten Psychiatrie:

Meine Freundin berichtet über diese Psychiatrie, dass auch es schon damals eine spezielle Psychotherapie-Station gab, die sich angeblich auch mit Trauma auskannte. Nach dem Hörensagen unter den Patienten konnte man jedoch nur dorthin kommen, wenn man sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte (oder etwas von ähnlichem Kaliber tat; bei weniger schwerwiegenden Arten von SVV kam man jedenfalls in die Geschlossene Abteilung, in die niemand freiwillig wollte). Andere Anzeichen, insbesondere Flashbacks, reichten dazu nicht. Das Schildern von Symptomen oder das reine Bitten um Aufnahme (oder schon beinahe Betteln) genügte hierfür auf gar keinen Fall.

Um dorthin zu kommen, hätte meine Freundin also schwerste Borderline-Symptome simulieren müssen (und damit eventuell andere Varianten von Fehlbehandlungen riskiert, die in meinem Borderline-Artikel beschrieben sind).

Wie ich auf den Webseiten dieses Krankenhauses in Erfahrung bringen konnte, wird mit der Therapie von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) zumindest heute (2007) gleich auf der Einstiegsseite geworben. Auf der Detail-Seite der Trauma-Station, auf die meine Freundin damals vor rund 5 Jahren nicht hinkommen konnte, steht sinngemäß folgendes: "PTBS, BPS und andere Persönlichkeitsstörungen stellen besondere Schwerpunkte unserer Arbeit dar."

Kommentar: PTBS ist demnach also angeblich auch eine Persönlichkeitsstörung? Fälscher geht es nicht mehr. Dass auch bei BPS schon seit langem umstritten ist, ob man es in die Rubrik "Persönlichkeitsstörung" einordnen darf, darauf kann der unbedarfte Laie beim Lesen dieses "selbstverständlich" vorgetragenen Satzes nicht kommen. Ich frage mich: hat diese Institution inzwischen wirklich hinzugelernt, oder stümpert sie immer noch mit Methoden herum, die Geld bringen, weil Fehlbehandlungen finanziell belohnt werden?

Auch vor ungefähr 5 Jahren hätte es genauso wie heute eine passende Station gegeben, auf die meine Freundin damals hätte kommen können, wenn man auf sie gehört hätte. Leider kenne ich die damalige Version der Werbung auf der Webseite nicht, aber kann man aus der heutigen Werbung mit Trauma als "besonderem Schwerpunkt" ableiten, dass sich dort alles geändert haben muss? Lässt sich derart massiv gehäufte sytematische Ignoranz an so vielen Stellen und bei so vielen Patienten wirklich noch mit "Versehen" oder "Unkenntnis" (die einem Fachmann nicht unterlaufen darf) erklären?

Deshalb eine ganz wichtige Frage an unsere Volksvertreter und den Gesetzgeber: wer kontrolliert derartige systematische Fehlbehandlungen? Weshalb können manche Ärzte, ja sogar ganze Abteilungen und ganze Kliniken offenbar jahrelang unbehelligt derartige Fehldiagnosen mit derartigen Folgen für die Betroffenen stellen, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden? Fehlbehandlungen, die zudem noch ausgerechnet die Schwächsten, nämlich die wirklich Hilfsbedürftigen treffen?

Übrigens: der Vetrauensarzt von der Krankenkasse hat in diesem Fall nichts genützt, sondern die Einweisung auf die falsche Station sogar ausdrücklich befürwortet und veranlasst!

Wie weit müssen ganze Netzwerke einschließlich der Fehlbehandlungs-Sicherungs-Instanzen in unserem Gesundheitssystem von Pharma-Interessen unterwandert / korrumpiert sein, damit so etwas möglich ist?

Wer reformiert endlich unser Gesundheitssystem so, dass derartige systematische Fehlbehandlungen und Ausbeutungen nicht wie bisher sogar noch finanziell belohnt, sondern endlich finanziell bestraft werden?

Tipps für Angehörige

Die besten Erfolgsaussichten, mit jemandem klarzukommen, der paranoide Reaktionen zeigt: man stelle sich vor, er erzählt von Träumen oder Alpträumen, die er desöfteren hat.

Wenn man einem Paranoiden stattdessen den ganzen "Unsinn" vorhält, den er angeblich verzapft, wird dadurch sein Widerstand nur weiter angestachelt. Im schlimmsten Fall wird man sogar selber als eine der Bedrohungen wahrgenommen, die ihm zu schaffen machen, und dadurch zum Ziel paranoider Reaktionen. Denn der Kern der Paranoia ist ja eine Reaktion auf Existenzbedrohung, ähnlich wie in meinem Artikel über Traumata beschrieben. Also: alles vermeiden, was subjektiv als Existenzbedrohung wahrgenommen werden könnte.

Bei einem gesunden Menschen funktioniert die Realitätskontrolle, d.h. er kann normalerweise zwischen "Alptraum" und "Realität" unterscheiden.

Wer an Paranoia leidet, bei dem funktioniert diese Unterscheidung aus subjektiven Überlastungs-Gründen leider nicht mehr vollständig (jedoch vielleicht aber an einigen wenigen Stellen immer noch, an die man vielleicht anknüpfen kann).

Wer sich dies klar macht, gewinnt eine weitere Handlungsalternative im Umgang mit betroffenen Angehörigen: sich klar machen, dass der Betroffene nicht einfach irgendetwas fabuliert, sondern dass es sich für ihn (subjektiv) um eine psychische Realität handelt -- genau wie auch ein selbst erlebter Alptraum eine subjektive psychische Realität darstellt, die einen selber im Extremfall sehr beschäftigen und viel Energie kosten kann. Derartige Alptraum-Erfahrungen hat sicher jeder schon gemacht. Niemand wird einem Alpträumer ernsthafte Vorwürfe machen, weshalb er denn Alpträume habe - das wäre eindeutig kontraproduktiv. Im Gegenteil. Wie man aus der Traumforschung weiß, kommen Alpträume meistens nicht aus dem Nichts, sondern haben fast immer mit irgendwelchen realen Vorerfahrungen zu tun - auch wenn es manchmal um ein paar Ecken herum geht.

Wer also die sogenannen "paranoiden Wahnvorstellungen" im gleichen Maße ernst nimmt wie er auch Erzählungen über Alpträume ernst nehmen würde und einfühlsam auf das darin enthaltene psychische Material eingehen würde, der kann durch dieses Ernstnehmen dem Betroffenen helfen. Weil man im Umgang mit dem bisher Unverarbeiteten ein Helfer und Verbündeter sein kann - ja vielleicht sogar ein insgeheimes(!) Vorbild, dem die Realitätskontrolle besser gelingt. Aber niemals direkt darauf hinweisen, sondern stattdessen mit Hilfe der "sokratischen Methode" (zu finden mittels Suchmaschinen).

Bei wirklich guter Einfühlung kann es vielleicht sogar gelingen, dass der Betroffene dadurch neue Wege des Umgangs mit seinem Paranoia-Material findet und die Bandbreite seiner möglichen Handlungsalternativen dadurch selber erweitern kann.

Tipps für Betroffene

Die Erweiterung der Bandbreite deiner Wahrnehmung und deiner möglichen Handlungsalternativen ist genau das, was du brauchst, um mit deinem Leben besser klarzukommen. Je mehr Möglichkeiten du hast zu entscheiden und zu reagieren (auch auf ziemlich üble Dinge), desto besser wird dein Leben verlaufen.

Ein guter Therapeut wird dir genau dabei auf einfühlsame Weise helfen. Dafür eignet sich eine ressourcen-orientierte Psychotherapie aus dem Spektrum der humanistischen Psychologie-Richtungen nach meiner eigenen Erfahrung mit paranoidalen Reaktionen am besten.

Ein guter Therapeut wird dich niemals als "krank" abstempeln: stattdessen wird irgendwann herauskommen, dass deine angeblichen Wahnvorstellungen einen harten Realitäts-Kern haben. Denn niemand erfindet etwas einfach nur so ohne Grund. Es gibt einen realen und auch nachvollziehbaren Grund. Wenn er gefunden wird, dann wirst du vor anderen und auch vor dir selber rehabilitiert sein!

Literatur