Eine der am besten wissenschaftlich untersuchten Traumatherapien, mit deren Hilfe man belastende Erinnerungen sehr schnell verarbeiten und loswerden kann (wird allerdings leider in Deutschland nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung eigens vergütet). Nach meiner Erfahrung bringen bereits wenige Sitzungen deutliche Erfolge bei:
Allerdings ist EMDR kein Wundermittel. Es hilft gegen die direkten Wirkungen von Traumata, indem es die "Tumorzellen" beseitigt -- etwas neues an Stelle des Traumas aufbauen muss man jedoch nach wie vor selbst, auch die indirekten Wirkungen muss man nach wie vor selbst bearbeiten. EMDR wirkt hauptsächlich gegen Schäden auf der körperlichen und niederen emotionalen Ebene; auf anderen Ebenen wie der geistigen oder auf Beziehungs-Ebene zu Mitmenschen habe ich dagegen kaum direkte Wirkungen feststellen können.
Diese Aufbauarbeit erfordert trotzdem noch viel Kraft und Zeit. Insgesamt spart man durch EMDR jedoch sehr viel wertvolle Energie, die vorher durch das Trauma gebunden war. Diese Energie ist wesentlich besser aufgehoben, wenn man sie zum Aufbau eines neuen Lebens nutzt!
Man sucht sich eine Erinnerung oder ein belastendes Gefühl selber heraus, das man bearbeiten möchte. Der Therapeut stellt dann mehrere Fragen, wie man diese Gefühle oder diese Situation auf einer gedachten Belastungsskala einordnet. Der Therapeut sitzt einem gegenüber und bewegt entweder seinen Finger vor den Augen hin und her (wobei man diesem Finger folgen soll), oder er tippt einem abwechselnd auf die ausgestreckten Hände.
Mit den Augenbewegungen habe ich keinerlei Erfahrungen, da ich das als Kontaktlinsenträger nicht gemacht habe.
Was bewirkt nun das abwechselnde Antippen durch den Therapeuten?
Es regt die beiden Gehirnhälften an und beschleunigt dadurch die ganz normale natürliche Trauma-Verarbeitung, wie sie auch in einer normalen Therapie-Sitzung stattfinden würde. Die Beschleunigung ist jedoch sehr drastisch: ich würde ohne weiteres von einem Faktor 5 oder mehr sprechen, der erreicht werden kann. Dadurch sinkt auch die Zeit, in der man sich dem Trauma hilflos ausgesetzt und ausgeliefert fühlt. Mir ist es bald so gegangen, dass ich nach solchen Sitzungen geradezu gelechzt habe, weil ich diesen alten Scheiß aus der Vergangenheit endlich loshaben wollte. Ich war zwar nach den EMDR-Sitzungen immer total ausgepowert, aber gleichzeitig unendlich erleichtert. Es ist ein unbeschreiblich erleichterndes Gefühl, endlich etwas durchgearbeitet zu haben und es ablegen zu können (es beschäftigt einen nicht mehr andauernd, auch nicht mehr unbewusst; meine Träume haben sich seither drastisch verändert). Dadurch werden Energien frei, die vorher z.B. in die Aufrechterhaltung von Depressionen und in die Bewältigung von Krisen geflossen sind.
Während des Tippens bin ich durch mehrere episodenhafte Szenen hindurchgegangen. Ich habe meinen Therapeuten ständig auf dem Laufenden über die Szene und meine hochgekommenen Gefühle gehalten. Oft bin ich in Tränen ausgebrochen, habe mich geschüttelt, habe gefroren, hatte Angst, habe mich geekelt, gekotzt und gewürgt, es hat schrecklich weh getan, ich hatte Klöße im Hals und im Magen, habe einiges richtig körperlich gespürt.
Das alles waren alte, bisher nicht aufgearbeitete und verarbeitete Gefühle. Es kamen auch neue Körpererinnerungen hoch, die ich vorher nicht spüren konnte (darunter auch solche, die aus der Kleinkind- und Baby-Zeit stammen mussten; für diese gab es anfangs keine Worte, sondern erstmal nur ein Sein und Spüren - später allerdings auch Worte).
Diese Beschäftigung mit Trauma-Material war im Vergleich zu konventioneller Therapie recht kurz (wenn auch meistens deutlich intensiver). Insgesamt über die Zeitdauer der Belastung gemittelt war meine Gesamtbelastung wegen dieser immer nur kurzen Episoden sehr viel geringer als bei konventioneller Therapie!
Am Ende der Sitzung machte mein Therapeut immer mehrere Kontrollen mit entsprechenden Fragen. Insebsondere wird die Belastung nochmals gemessen und mit der Belastung um Anfang der Sitzung verglichen. Meist zeigt sich da ein deutlicher Erfolg, oft schon in einer einzigen Sitzung!
Zu den Abschlussphasen, die nach der reinen EMDR-Lehre eigentlich notwendig sein sollen, ist es bei mir aufgrund der Schwere des bearbeiteten Materials und der Kürze der Stunden meistens nicht mehr gekommen. Dennoch bin ich sicher: die EMDR-Sitzungen waren einer der Hauptgründe für meinen durchschlagenden Therapie-Erfolg.
Der entscheidende Erfolgsfaktor an EMDR ist, dass direkt auf die Reduktion der Belastung hingearbeitet wird. EMDR schafft also genau das aus dem Leben, was viele Überlebende am meisten fürchten, nämlich den traumatischen Stress!
Und zwar wirklich genau denjenigen Stress, der bei Flashbacks hochkommt, nicht irgendwelchen Ersatz oder Übertragungen / Umarbeitungen in Kunst / Projektionen wie bei Traumdeutung oder Kunsttherapie etc.
Aus meiner eigenen Erfahrung möchte ich noch etwas beitragen, was möglicherweise für die Fortentwicklung von EMDR nutzbringend sein könnte.
In manchen Sitzungen kam es vor, dass mein Therapeut von der langen Tipp-Arbeit körperlich müde wurde und deswegen kurzfristig mit dem Tippen aufgehört hat. Dies hat bei mir zu einem sofortigen Anstieg der subjektiven Belastung geführt, zu einer Art "Überschwemmen" mit den gerade bearbeiteten Gefühlen oder Szenen und dem Gefühl, nicht mehr alleine damit klarkommen zu können. Ich habe dann meine Therapeuten dringend gebeten, mit dem Tippen weiterzumachen, damit ich dieses Sicherheitsgefühl und Zurechtkomm-Gefühl wieder kriegen konnte, und vor allem, damit die Verarbeitung weiterging (obwohl es oft auch Gefühle waren, die ich nur spüren, aber nicht ausdrücken konnte).
Meine Vermutung ist, dass die Tipp-Methode eine dauerhaftere und nachhaltigere Anregung der beiden Gehirnhälften schaffen kann als die Augenbewegungs-Methode. Ich habe das allerdings nicht überprüft, weil ich Augenbewegungen überhaupt nicht ausprobiert habe. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, wie man mehr als eine halbe Stunde intensiver Anregung alleine mit Augenbewegungen schaffen soll. Die Intensität und Kontinuitiät der Anregung war jedenfalls bei mir ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor!
Falls diese Vermutung in den meisten Fällen zutreffen sollte, sollte man überlegen, ob nicht das Tippen als primäre Methode anzusehen wäre und die Augenbewegungen lediglich als (für manche evtl. besser verträgliche) Alternativmethode (die eben nur zufälligerweise als erstes in der Historie entdeckt worden ist).
Reddemann / Sachsse haben eine weitere Methode zur Traumatherapie (PITT = Psychodynamisch Imaginative TraumaTherapie) entwickelt, von der ich bisher dachte, ich hätte mit ihr keine Erfahrungen gemacht.
Beim Lesen von Egle/Hoffmann/Joraschky 3. Auflage 2005 auf Seite 541 (in früheren Auflagen gab es diesen Artikel noch nicht) habe ich jedoch entdeckt, dass ich offenbar eine einzige PITT-Stunde bei meinem Therapeuten bekommen haben muss, und zwar gegen Ende meiner insgesamt fünfjährigen Therapie. Nach seiner anfänglichen EMDR-Zusatzausbildung hat er wohl später auch einen Kurs in PITT belegt. Er hatte mir damals allerdings vorher nicht das "Skript" (Ablauf-Schema) gezeigt, nach dem diese Stunde ablief (oder ich habe es aufgrund der späteren Trigger-Ereignisse vergessen / dissoziiert). Aufgrund der o.g. Publikation habe ich den Zusammenhang zwischen dem Skript und meiner damaligen Therapiestunde (wieder-)entdeckt. Weitere PITT-Stunden haben nicht stattgefunden, weil ich nach dieser einen Stunde die Reißleine gezogen und eine Fortsetzung abgelehnt habe (es ging dann wie gehabt mit EMDR weiter). Die Gründe kommen weiter unten.
Schauen wir uns erstmal das Ablauf-Schema (Skript) einer Täter-Introjekt-Bearbeitung nach o.g. Quelle an:
Worauf dieses Skript hinausläuft, sieht man an den letzten beiden Punkten recht deutlich: der Tat oder dem Täter soll etwas Positives abgewonnen werden.
Genau dies war der wahre Grund, weshalb ich gleich beim ersten Versuch die Reißleine gezogen habe. Nachdem der vordere Teil des Skriptes ganz gut gelaufen war, hatte mein Therapeut mehrfach versucht, dass ich endlich den "Schatz" finden solle. Ich habe aber keinen gefunden. Damit er endlich Ruhe gibt und ich aus meinem dadurch ausgelösten Trigger-Zustand herauskam, habe ich ihm dann irgendwann einen "Schatz" genannt, auf den es mir aber in Wirklichkeit nicht ankam - ein Fake-Schatz.
Wo liegt das Problem? Sogenannter "Widerstand" des Patienten, also mir? Nein, denn weder bei EMDR noch bei den vorigen Skript-Phasen hatte ich Widerstand. Mein Widerstand richtete sich gegen etwas ganz bestimmtes. Ich bin sicher: mein Widerstand war berechtigt.
Ganz einfach: einer sadistischen Gewalttat an einem Kleinkind ist nichts Positives abzugewinnen! Es gibt keinen Schatz, der darin verborgen wäre! Mein Leben wäre besser verlaufen, wenn diese sadistische Gewalttat nie stattgefunden hätte. Es gibt keinerlei positive Wirkungen, auch keine indirekten oder sonstwie versteckten!
Das PITT-Skript unterstellt jedoch, dass es derartiges geben müsse.
Diese Unterstellung ist unfair mir als Opfer gegenüber. Denn von meinen Gefühlen und von meinen Verlusten ist keine Rede, hingegen wird eine "positive" Errungenschaft der "bösen Gestalt" betont - eine klare Verletzung der Fairness!
Es gibt auch kein positives Vorbild aus dieser Gewalttat, das für mein Leben irgendwie nutzbringend wäre. Oder soll ich etwa als angeblich "positive" Wirkung nun auch selber zum Täter werden?
Heute verstehe ich meinen damaligen Widerstand: die beiden letzten Punkte des Skripts wirken parteilich für Täter.
Als Opfer habe ich das Recht, dagegen auf die Barrikaden zu gehen.
Punkt 7 legt unterschwellig nahe, dass man dem Täter für irgendetwas auch noch "dankbar" sein solle. Dies empfinde ich persönlich als absoluten Gipfel der Verdrehung und der unberechtigten Einflussnahme. Dies wirkt schwer verletzend auf Opfer eines Verbrechens!
Ich verstehe nicht, wozu diese beiden Punkte 6 und 7 sonst noch gut sein sollen, mit welcher wissenschaftlich belegten Begründung sie versehen sein sollen. Das Unschädlichmachen des Täter-Introjektes ist doch das erklärte Ziel, das bereits bei Punkt 5 erreicht ist. Wer hintendran ein anderes Ziel als Punkte 6 und 7 dranpfropft, der verletzt die Autonomie des Patienten und begeht damit einen klaren Behandlungsfehler!
Dies lässt sich auch auf andere Weise erklären: wie in meinem Artikel über Therapie-Ziele beschrieben, wollte ich von Anfang an bewusst so werden, als hätte es den Missbrauch nicht gegeben. Auch wenn ich dieses Ziel nicht zu 100% erreichen kann: es ist und bleibt mein Kompass. Ich will an der Stelle des Täter-Introjektes etwas Neues aufbauen. Irgendwelche Hinterlassenschaften des Täter, auch angebliche "Schätze", hindern und stören mich dabei. Ich muss den Neuaufbau mit meinen Mitteln, aus meiner eigenen Persönlichkeit heraus schaffen. Bei genauer Betrachtung widerspricht der angebliche Schatz auch dem erklärten Ziel einer Introjekt-Auflösung, weil Teile des Täter-Introjekts oder seiner Auswirkungen absichtlich stehen gelassen werden. Da nach psychologischen Gesetzmäßigkeiten der letzte Punkt eines Skriptes besonders stark haften bleibt, um so schlimmer!
Klarstellung: ich behaupte nicht, PITT sei prinzipiell unbrauchbar. Meine Kritik richtet sich ausschließlich gegen die letzten beiden Punkte des o.g. Skripts. Möglicherweise ist eine Variante ohne diese beiden Punkte durchaus nutzbringend. Meine Kritik richtet sich nicht gegen Imagination als Heil-Verfahren und auch nicht persönlich gegen ihre Erfinder, deren anderweitigen Verdienste (insbesondere das Publikmachen des Prinzips trauma first) ich durchaus respektiere.
Weitere Anmerkung: in den 1980er Jahren hat die erste Generation der parteilich für Missbrauchs-Opfer arbeitenden Therapeuten (aus der Frauenbewegung) vor allem eines betont: das Betrauern des Schadens, den die Täter angerichtet haben, und das Betrauern der damit verbundenen Lebens-Verluste wurden als unabdingbare Voraussetzung für die Heilung angesehen. Auch nach meiner eigenen Erfahrung ist kaum etwas wirksamer und heilsamer als Tränen. Nach der Trauer kommt immer der Trost und der Neuanfang. Dieses Alternativ-Skript ist klar parteilich für Opfer und stellt damit quasi das Gegenteil der obigen Punkte 6 und 7 dar. Auch wenn ähnliches schon bisher bei PITT in einer separaten sogenannten Integrationsphase angestrebt wurde: der Einbau in das Skript könnte eine Alternative darstellen, falls man unbedingt der Meinung wäre, die Schritte 1 bis 5 wären alleine nicht ausreichend.
Ich kenne nur noch eine einzige weitere Methode, die nach meiner Erfahrung auch noch effizienter als EMDR ist und noch schneller noch tiefere Wirkungen haben kann: Trance.
Leider hatte mein Therapeut keine Hypnose-Ausbildung. Als ich mich gleich in einer der ersten Therapie-Sitzungen selber in Trance (d.h. ohne Trance-Induktion durch den Therapeuten) versetzt habe, hat er zum Glück sehr besonnen reagiert und die Trance gleich zum Restrukturieren einiger Trauma-Szenen benutzt. Dadurch sind meine Flashbacks innerhalb der ersten 4 Wochen Therapie vollständig und für immer verschwunden!
In dieser Trance sind mir auch einige neue Erinnerungen hochgekommen. Einige davon waren total ungefiltert und sehr schrecklich, genauso unverarbeitet, wie ich sie damals als Kind erlebt hatte. Interessanterweise hatte ich in einigen Fällen genau die gleiche Szene auch als Alltagserinnerung gespeichert -- nur war sie da viel harmloser, wie durch einen Weichzeichner-Filter. Dadurch ist mir klar geworden, wie sehr Erinnerungen durch das Alltags-Gedächtnis verzerrt werden: und zwar in positiver Richtung, hin zum gerade noch Verkraftbaren. Die Wahrheit ist oftmals viel schrecklicher als es die Erinnerungen einem glauben machen wollen (SOFERN man überhaupt eine Erinnerung hat).
Leider scheinen viele Therapeuten um Trance einen gewaltigen Bogen zu machen. Einige behaupten, es sei nicht ungefährlich. Das mag stimmen. Der erreichbare Segen steht dem aber gegenüber. Mein Therapeut wollte nach einigen dieser Sitzungen, die auch ihn an seine Grenzen geführt haben müssen, nicht mehr mit Trance weitermachen. Nach einiger Zeit konventioneller tiefenpsychologischer Therapie hat er dann einen Kurs in EMDR belegt, dessen Kenntnisse er dann sehr erfolgreich bei mir angewandt hat.
Ich glaube, dass Trance und Hypnose zu Unrecht einen schlechten Ruf haben, der wohl auch durch Täter-Lobbyisten (False Memory etc.) genährt wurde. Theoretisch könnte es möglich sein, einem in Trance sogenannte "falsche Erinnerungen" einzupflanzen (obwohl das angebliche Phänomen bisher in sämtlichen fundierten wissenschaftlichen Studien nicht nachgewiesen wurde und daher seine Existenz zweifelhaft ist). Mit dem gleichen Argument könnte man auch Operationen verbieten, denn mit einem Skalpell kann man nicht nur lebensbedrohliche Tumore entfernen, sondern auch Leute umbringen.
EMDR war meinen Trance-Erfahrungen recht ähnlich. Beispielsweise sind auch in EMDR-Sitzungen neue Erinnerungen aufgetaucht, die aber sofort verarbeitet wurden und mich daher erst gar nicht in Depressionen stürzen konnten. EMDR ging jedoch nicht so tief ins Unbewusste hinab, da meine Kontroll-Instanzen immer voll da waren. Das Tippen sorgt für eine andauernde "Erdung" während der Sitzung. Damit wird dieses Abdriften vermieden, das bei Trance auftreten kann. Auch wenn EMDR nach meiner Erfahrung nicht ganz so effizient wie Trance wirkt, so ist es doch wesentlich risikoärmer und leichter verträglich.
Was steht dem Masseneinsatz von EMDR in Deutschland noch im Wege? Die Krankenkassen könnten Millionen durch verkürzte Therapien sparen, und den Opfern von Missbrauch, Vergewaltigung und anderen schweren Traumata wäre besser geholfen als bisher.
Es gibt meines Erachtens eine wirklich unabdingbare Voraussetzung:
EMDR gehört im weitesten Sinne zu den Methoden der humanistischen Psychologie-Richtungen, die die Selbstheilungskräfte und den Heilungswillen betonen anstatt Zwang auszuüben.Das heißt im Klartext: man wird nur das Ziel erreichen, das man auch wirklich erreichen will. Wer seine alten belastenden Erfahrungen nicht wieder ansehen und aufarbeiten will (z.B. weil er glaubt, er könne es auch ohne Anschauen des "Schrecklichen" schaffen), der wird EMDR höchstwahrscheinlich nur als weiteren Fehlschlag unter vielen anderen verbuchen.
Ich habe schon von Therapeuten gehört, die behauptet haben sollen, man könne EMDR bei Dissoziativer Identitätsstörung oder anderen dissoziativen Störungen nicht anwenden. Das zeugt meiner Ansicht nach nur von Unwissenheit und großer Unsicherheit.
Wer die hinter EMDR stehenden Theorien kennt und diese insbesondere mit den neuesten Erkenntnissen der Trauma-Forschung zu den physiologischen Vorgängen während eines Traumas (van der Kolk u.a.) verknüpft, der wird zu einem anderen Ergebnis kommen. EMDR macht vermutlich gerade diejenigen Unterbrechungen im Gehirn wieder (teilweise) rückgängig, die nach den neueren Erkenntnissen bei schweren Traumata als Notreaktion des Körpers zwar das kurzfristige Überleben in dieser Situation ermöglichen, aber langfristig eine Ursache der Dissoziation darstellen.
Nach den offiziellen DSM-Kriterien sind bei mir zwar nicht alle Merkmale von DIS (Dissoziativer Identitätsstörung) vollständig ausgeprägt, aber ich habe viele dissoziative Phänomene wie innere Stimmen, Depersonalisation (Gefühl neben mir zu stehen oder mich zu "verdoppeln"), dissoziative Trance, und auch Panik-Handlungen erlebt, an die ich mich nachher erst gar nicht, später nach beharrlicher Arbeit nur sehr mühsam erinnern konnte (Amnesie-Barrieren). Ich habe sowohl durch Trance als auch durch EMDR abgespaltene Gefühle, ja sogar ganze Persönlichkeitsanteile entdecken und wieder in mein Alltagsbewusstsein integrieren können. Meine Neigung zu dissoziativen Verhaltensmustern (z.B. geistige Abwesenheit bei Gesprächen mit anderen) ist seit dieser Therapie drastisch zurückgegangen.
Als ich vor fast 10 Jahren mit EMDR begonnen habe, handelte es sich noch um ein relativ unbekanntes Zusatz-Verfahren zu einer regulären Therapie. Auch 2003/2004 bei der Urfassung dieses Artikels war es nicht viel anders.
Inzwischen (2012) ist EMDR zu einer Art Mode-Erscheinung geworden.
Dies birgt auch Gefahren: wenn jeder Feld-Wald-und-Wiesen-Therapeut in seinem Internet-Auftritt EMDR als das Standard-Mittel gegen Trauma anbietet, kann dies zu folgenden Effekten führen:
Hier ist eine Liste typischer Behandlungsfehler, die auch bei EMDR vorkommen können.
Merksätze: Missbrauchs-Therapie ist durch nichts zu ersetzen! Ein Werkzeug(!) wie EMDR ersetzt keinen guten Therapeuten! Ohne Parteilichkeit für das Opfer (oder sogar verdeckte Parteilichkeit für die Täter-Seite) kann EMDR sogar einer schädlichen Re-Programmierung gleichkommen!
Deshalb empfehle ich als Checkliste folgende Reihenfolge der Prioritäten:
Anmerkung zum Buch von Shapiro: Shapiro hat meines Erachtens eine kaum genügend zu würdigende Entdeckung gemacht, als sie damals im Park spazieren ging und die Grundwirkung von EMDR entdeckte. Leider benutzt sie dieses ungeheuer wirkungsvolle Werkzeug, um Überlebende von sexuellem Missbrauch dazu zu "überreden", ihren Tätern zu vergeben. Dies ist meines Erachtens ein schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit von Opfern eines der schwersten Verbrechen, die es überhaupt gibt. Wer die durchschlagende Wirkung von EMDR selbst erfahren hat, der muss sich darüber wundern, wieso das "Herstellen" dieser "Vergebung" selbst laut Shapiro gelegentlich einen deutlich höheren Aufwand verursachen kann als die sonstige Trauma-Therapie. Hier wird offensichtlich ein hochwirksames Instrument entgegen humanistischen Grundsätzen zur Verfolgung eigener persönlicher Ziele des Behandlers missbraucht(!). Ich halte das für ethisch extrem bedenklich. Da verdeckte Parteilichkeit für die Täter-Seite schädlich wirken kann und diese verdeckte Parteilichkeit leider wohl bereits von Anfang an in der EMDR-Communitiy weiterpropagiert wurde, sollte man als Opfer sehr genau hinschauen, mit welcher Zielsetzung ein Therapeut EMDR anwendet!