Nur wenige Autoren, meist aus der Frauenbewegung, kaum aber aus anderen Kreisen, prangern gesellschaftliche Missstände bezüglich der gesamtgesellschaftlichen Grundeinstellung zum Thema Missbrauch und Inzest an.
Wegsehen, Ignorieren und Bagatellisieren ist noch nicht alles. Wir haben ein fundamentales Problem in unserer Gesellschaft, wie wir mit unseren eigenen Kindern (unserem eigenen Nachwuchs) umgehen. Denn Missbrauch und Inzest ist nichts anderes als Schädigung des eigenen Nachwuchses!
Wer aber ist direkt daran beteiligt? Wer ermöglicht das? Warum kann das beinahe unbehelligt stattfinden?
In den meisten Veröffentlichungen zum Thema werden meist nur Täter oder Opfer behandelt. So als ob das die einzigen Beteiligten wären.
Was ist mit den anderen?
Was ist mit denen, die wegsehen? Die ihre eigenen Kinder (sei es aus Not oder Gewinnsucht) verraten und verkaufen?
Es fehlt das Bewusstsein dafür, dass die Wegseher und Verkäufer, die billigend-in-Kauf-Nehmer eine Mitschuld am Verbrechen an den Wehrlosesten der Wehrlosen haben!
Und meist sind das die Eltern der Opfer! Gerade die, die ihr Kind eigentlich schützen sollten!
Wo wird das schon mal angeprangert? Welche Strafen gibt es für das Nicht-Schützen der eigenen Kinder? Für das Ausliefern an Täter?
Wer wagt es, die sakrosankte Elternrolle in Frage zu stellen? Versagende Eltern in die Verantwortung zu nehmen?
Welche wissenschaftlichen Veröffentlichungen befassen sich speziell mit dieser Gruppe von Beteiligten?
Es fehlt eine Psychologie und Typologie der Wegseher, Vertuscher und Bestechungsgeld-Empfänger, ähnlich einer Täter-Typologie.
Wie im Buch "Grünkram" von Gallwitz / Paulus immer wieder betont wird, hat die Pornographie einen nicht unerheblichen Einfluss auf den gesellschaftlichen Umgang mit Sexualität und Gewalt. Bereits Jugendlichen wird von der Porno-Industrie vorgegaukelt, dass Sex eine käufliche Ware sei, und Frauen stets verfügbare Sex-Objekte seien. Statt gleichrangige partnerschaftliche Beziehungen einzuüben, werden die Grundlagen einer Einstellung gelegt, die Vergewaltigung und Missbrauch als gesellschaftlich akzeptabel, "normal" oder gar "modern" / "tolerant" erscheinen lassen.
Welcher Politiker ist bereits auf die Idee gekommen, "legale" Erwachsenen-Pornographie mit einer Steuer ähnlich der Tabak- oder Alkoholsteuer zu belegen? Um die Verbreitung dieses gesellschaftspolitisch zweifelhaften Einflussfaktors wenigstens ein klein wenig einzudämmen, und nebenbei der Not leidenden Staatskasse etwas aus einem Milliardenmarkt zukommen zu lassen?
Sind Gewalt- und Lolita-Pornos nur eine Randerscheinung unserer Gesellschaft?
Ich habe mir erlaubt, die Häufigkeiten von einigen in Internet-Suchmaschinen eingegebenen Suchbegriffen abzufragen. Es gibt öffentlich zugängliche Datenbanken, die die Zugriffshäufigkeiten enthalten; allerdings sind die öffentlichen Daten einige Jahre alt und eventuell nicht so repräsentativ wie kommerzielle Stichwort-Datenbanken großer Anbieter. Die verwendete Suchmaschine wurde offensichtlich vorwiegend von Deutschsprachigen genutzt, da relativ wenig Zugriffe auf englische Stichwörter gemeldet werden (die aber auch in deutschen Texten vorkommen können). Eine Verfälschung könnte besonders dann relevant werden, wenn Stichworte im Deutschen und Englischen gleich lauten; diese Verfälschung sollte hier jedoch relativ gering sein. Trotz einiger Unsicherheiten lässt sich das Surf- und Such-Verhalten der deutschsprachigen Internet-Nutzer mit dieser Methode einigermaßen treffend charakterisieren. Insbesondere kann man damit herausfinden, wofür sich die Leute besonders interessieren.
Für die folgende Statistik habe ich absichtlich nur solche Suchbegriffe verwendet, die der Rotlicht- und Porno-Szene zuzurechnen sind, und von denen ich vermute, dass sie von Porno-Interessenten verwendet werden. Um das Verhältnis zu "normalen" Alltags-Suchbegriffen ein wenig zu beleuchten, sind auch ein paar normale Stichworte in grauer Farbe eingefügt. Die Begriffe aus "Nischen-Bereichen" der Porno-Szene sind rot markiert; normale Mainstream-Sex-Begriffe sind schwarz. Die Suchbegriffe sind absteigend nach Häufigkeit des Aufrufs sortiert. Plural-Formen von Wörtern wurden hinzugerechnet, wenn sie sich unterscheiden.
Es ist kaum zu glauben, dass die Nischen-Begriffe "Lolita" und "Incest / Inzest" innerhalb der Nischen-Begriffe ganz weit oben stehen und mit den Spezialbegriffen der Sado-Maso-Szene um die Spitzenstellung kämpfen! Natürlich war zu erwarten, dass allgemeine Begriffe wie "Sex" die Hitliste anführen. Aber so etwas!
Und, wie man in "Grünkram" nachlesen kann: "Lolita" ist einer der gebräuchlichsten Deck-Begriffe zur Bezeichnung pädophiler bzw. päderastischer "Ware"!
(dass direkte Bezeichnungen wie "Kinderporno" und "pädophil" weit hinten stehen, war zu erwarten, weil sich weder Anbieter noch Nachfrager der Strafverfolgung aussetzen wollen; stattdessen werden Deckbegriffe verwendet).
Auch wenn sich hinter vielen Angeboten, die das Stichwort "Lolita" enthalten, "legale" Pornos mit erwachsenen Porno-Darstellern verbergen: Weshalb ist das Interesse an kindlich erscheinenden und kindlich aussehenden Sexualobjekten so riesig?
Darf ich die Frage stellen, weshalb scheinbar brave und biedere Familienväter, die wohl auch unter den Porno-Interessenten sein dürften, so häufig ausgerechnet nach diesen Begriffen suchen? Sogar häufiger als nach vielen Allerwelts-Sex-Begriffen?
Wer es nicht glaubt, kann das Experiment ja mit einer kommerziellen Datenbank wiederholen. Ich halte es für wenig wahrscheinlich, dass das völlig andere Resultate ergeben wird.
Die Leute, die den Nährboden für Missbrauch und Vergewaltigung herrichten, sind mitten unter uns! Und zwar massenhaft!
Wir haben ein Problem, das bisher in seinen Ausmaßen wohl noch gar nicht wahrgenommen wurde!
Ich behaupte: die Leute wollen das! Kaum einer gibt es offen zu, aber in Wirklichkeit besteht hintergründig eine derart große Interessenlage an sexueller Ausbeutung, auch von Kindern(!), dass alles, was vordergründig dagegen scheinbar getan wird, nichts als Makulatur ist. Ein Feigenblatt.
Man braucht sich nur einmal die Fakten anzusehen: der Besitz von Kinderpornos wird etwa so hart bestraft wie das versehentliche Überfahren einer roten Ampel mit anschließendem Blechschaden von DM 300,- (siehe "Grünkram"). Obwohl zur Herstellung solcher Pornos Kinder missbraucht und gefoltet werden! Soviel sind Kinder also wert!
Auf dem Papier schützt der Staat das Rechtsgut "ungestörte sexuelle Entwicklung". Aber nur auf dem Papier. Nicht in der Praxis.
Weil das Volk unausgesprochen haben will, dass immer genügend Sexualobjekte zur Verfügung stehen ("Brot und Spiele"). Darunter auch kindliche Sexualobjekte. Der Begriff "Lolita" bezeichnet nichts anderes als kindliche Sexualobjekte (auch wenn die Porno-Darsteller bei "legalen" Pornos keine Kinder mehr sind, aber der Eindruck erweckt wird). Weil sich gegen diese heimliche Lobby auch kein Politiker durchsetzen kann. Weil im gesamten Feld der sexuellen Ausbeutung, insbesondere im Bereich der "normalen" und "legalen" Pornographie, viel zu viel Geld umgesetzt wird!
Dieser heimliche gesellschaftliche Grundkonsens erklärt auch, weshalb "die Schweine" vom Volkszorn beinahe gelyncht werden ("Schwanz ab"-Parolen), wenn wieder einmal eine besonders grausame Tat eines professionellen Kinderschänders in den Medien bekannt wird. Weil die Leute ihre eigenen Schattenseiten nicht wahrhaben wollen und deshalb ihren Abscheu vor sich selber auf "Sündenböcke" projizieren, damit sie ihre eigenen heimlichen Macht- und Sexualobjekt-Beherrschungs-Wünsche nicht hinterfragen müssen! Wer "Schwanz ab" für die relativ wenigen Profi-Täter fordert, der fördert diese heimliche Spaltung großer Teile der Gesellschaft nur noch.
Vom viel häufiger vorkommenden Missbrauch in der Familie will keiner etwas wissen; wann kommt so etwas schon mal in die Schlagzeilen?
Dass die Leute solche Typen wie Dutroux selbst füttern und finanzieren und damit den Missbrauch von Kindern unterstützen, indem sie nach Stichworten wie "Lolita" im Internet suchen und für entsprechende Pornos Geld ausgeben, wollen sie nicht wahrhaben!
Das ist der eigentliche Skandal!
Adolf Gallwitz, Manfred Paulus: Grünkram. Die Kinder-Sex-Mafia in Deutschland. Verlag Deutsche Polizeiliteratur, 2. Auflage 1998.