Therapie für Pädophile

(Folgeartikel zum Artikel über Pädophile)

Achtung, triggert!

Aktuelles zum Charité-Programm

Die Berliner Charité wirbt publikumswirksam mit einer Medienkampagne für ihr Präventionsprogramm, mit dem sie verhindern will, dass Pädophile Kinder missbrauchen.

Einer der Slogans: "Lieben Sie Kinder mehr als Ihnen lieb ist?"

Zu der versteckten Täter-Sprache in diesem Slogan hat Norbert Denef bereits Stellung bezogen (siehe http://netzwerkb.org/2010/01/17/es-gibt-kinder-in-die-ich-mich-verliebt-habe/).

Ich möchte hier auf weitere Aspekte hinweisen. Da ich selbst von mehreren Pädophilen mit hohem Aktivitätsgrad missbraucht worden bin und die Folgen von sexuellem Missbrauch am eigenen Leib erfahren habe, ist es mir ein Herzensanliegen, auf die Gefahren einer "gut gemeinten" Täter-Prävention hinzuweisen und Alternativen in die Diskussion zu bringen.

Als Opfer begrüße ich die Grundidee einer Prävention, die beim Täter ansetzt. Ich finde jedoch in der Charité-Medienkampagne einige Dinge, die ich für kontraproduktiv, wenn nicht sogar für schädlich halte. Diese sind:

Wie komme ich auf die Gegen-These, dass Pädophilie nicht unabänderlich sein muss?

Die Sexualität als solche ist eine angeborene "Hardware-Eigenschaft", die mit der Pubertät aktiviert wird (und vorher aus gutem Grund geschlummert hat). Der Sexualtrieb stellt einen der evolutionsgeschichtlich ältesten Basis-Triebe dar und ist für unsere Existenz unverzichtbar.

Pädophilie ist hingegen für unsere Existenz und Evolution verzichtbar.

Die angeborenen sexuellen Grund-Reaktionen werden bei Pädophilen lediglich von anderen Schlüssel-Reizen ausgelöst.

Bei normalen Erwachsenen sind dies u.a. nackte Erwachsenen-Körper (meist des anderen Geschlechts). Pädophile reagieren hingegen auf Kinder-Körper.

Die Auslöser-Reize sind also anders verknüpft als bei normalen Erwachsenen. Diese Verknüfungen sind jedoch erworbene "Software-Eigenschaften". Software ist prinzipiell änderbar / umprogrammierbar!

Ich vermute, dass diese Verknüpfung mit Programmierungen verwandt ist. Mit Methoden wie EMDR lassen sich Programmierungen ändern. Ja, ändern - aber nicht unbedingt löschen!

Versuche, Programmierungen zu löschen, müssen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit fehlschlagen.

Zölibat ist letztlich nichts anderes als eine Art von Lösch-Versuch.

Was wir brauchen, ist Hilfe zur Veränderung pädophiler Selbstkonzepte.

Wie kann man pädophile Selbstkonzepte verändern?

Disclaimer: ob eine Umprogrammierung pädophiler Auslöse- und Reizverarbeitungs-Muster wirklich funktioniert, kann derzeit niemand vorhersagen. Experimente mit neuartigen Ansätzen dürfen wegen ihrer potentiellen Folgen erst dann in die Breite ausgerollt werden, wenn ihre Dauer-Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist und das Rückfall-Risiko im Vergleich zu anderen Methoden bestimmt worden ist.

Grundvoraussetzung ist die Verfügbarkeit von Therapeuten, die Erfahrung in Opfer- und Trauma-Therapie haben und die typischen Folgen von Täter-Verdrehungen in- und auswendig kennen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Verantwortungs-Abwehr-Syndrom (VAS) zu sehr subtilen Verdrehungen führt, die nicht bearbeitet werden können, wenn sie vom Therapeuten nicht durchschaut werden. Ohne diese Voraussetzung ist im Extremfall sogar eine Verstärkung von pädophilen Lebenseinstellungen möglich.

Ich liste hier einige Thesen auf:

  1. Der Sexualtrieb als solcher gehört zu den evolutionsgeschichtlich ältesten Basistrieben, den man nicht einfach unterdrücken kann.
  2. Pädophile an eine "zölibatäre Lebensweise" heranführen zu wollen, hat von vornherein geringe Erfolgschancen. Die katholische Kirche schafft dies nicht einmal bei ihren innersten Mitgliedern, mit denen sie in ständigem sozialem Austausch steht. Weshalb sollte dies ausgerechnet der Charitè in einem vergleichsweise lockeren Therapie-Rahmen besser gelingen?
  3. Sexualität lässt sich nicht einfach auslöschen. Es ist jedoch möglich, sie mit anderen Auslösern zu verknüpfen, und sie auf andere Ziele umzuleiten. Diese sind nicht ausschließlich biologisch festgelegt, sondern in gewissem Rahmen erlernt (ansonsten könnte Pädophilie nicht entstehen). Erlerntes / auf niederer Steuerungsebene ("Reptilien-Gehirn") Programmiertes lässt sich zwar meistens nicht "löschen", jedoch "neu programmieren", also umprogrammieren.
  4. Dies könnte man verhaltenstherapeutisch z.B. so umsetzen, dass andere Formen der Sexualitätsausübung konkret eingeübt und der Erfolg über eine Regelschleife (Feedback) kontrolliert wird. Wenn ein breiteres Repertoire von Sexualitätsausübung zur Verfügung steht, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer problematischen Teil-Auswahl. Momentan scheint es so etwas wie ein gesellschaftliches Tabu zu geben: wer sexuell delinquent geworden ist, dem darf man keine Sexualtherapie verordnen, denn das wäre ja fast dasselbe, als würde man ein Feuer mit Hilfe von Benzin zu löschen versuchen. Ich behaupte das Gegenteil: nur Sexualtherapie kann gegen Störungen auf der sexuellen Ebene helfen! Allerdings ist eine Sexualtherapie alleine nicht ausreichend, weil auch viele andere Dinge gestört und verdreht sind, insbesondere die Wahrnehmungs-Ebene (vor allem das Mitfühlen mit den Opfern), aber auch die Beziehungs-Ebene.
  5. Umprogrammierungen (z.B. zur Bearbeitung von Introjekten) werden in der Opfer-Therapie seit langem erfolgreich eingesetzt; diese Erfahrungen sollte von erfahrenen Experten dieser Fachgebiete auf die Täter-Therapie übertragen werden.
  6. Aus dem Konzept des Aktivitätsgrades ist ableitbar, dass diese Umleitung / Umprogrammierung bei jemandem mit geringerem Aktivitätsgrad vermutlich leichter und daher erfolgversprechender sein wird. Mit dem Eingang dieses Konzeptes in die wissenschaftliche Forschung würden sich auch experimentelle Studien über den Erfolg verschiedener konkurrierender Behandlungskonzepte vereinfachen, da man verschiedene Behandlungsansätze erst einmal bei weniger stark "eingebrannten" / "fixierteren" Formen von Pädophilie austesten und verbessern kann. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, mittels verbesserter Behandlungsmethoden auch schwerere Formen von Pädophilie bzw. Sexsucht besser behandeln zu können. Momentan steht die von Täter-Lobbyisten genährte Sichtweise einer Spaltung in "pädophile" und "andere" Missbraucher (ohne Zwischenstufen) dieser Herangehensweise im Wege.
  7. Das zentrale Problem bei der sogenannten "Fixierung" dürfte die Eingebranntheit der pädophilen Aktivierungsmuster in den neuronalen Strukturen darstellen. Die Hirnforschung hat nachgewiesen, dass häufig genutzte Nervenbahnen immer weiter ausgebaut werden, während andere irgendwann sogar verkümmern können. Pädophile Einbrenn-Effekte haben daher vermutlich etwas mit der Selbstverstärkung derjenigen Neuronen-Bahnen zu tun, die häufig benutzt werden.
  8. Folgerung: pädophile Sexual-Phantasien sind ganz klar kontraproduktiv. Möglicherweise spielen sie sogar die Hauptrolle bei der Entstehung von Pädophilie. Aus der klinischen Täter-Forschung ist bekannt, dass sie beim Fortschreiten von Täter-Karrieren jedenfalls mitwirken. Daher ist der Charité-Ansatz völlig unreichend, lediglich die Ausführung pädophiler Handlungen unterbinden zu wollen. Das letztendliche Unterbinden pädophiler Phantasien und Neigungen ist im Gegenteil kriegsentscheidend! Den Einbrenn-Effekt kann man jedoch auch positiv zum Einbrennen anderer Sexual-Programme nutzen, wenn man strikt darauf achtet, dass ausschließlich nicht-pädophile Sexualphantasien im Kopf stattfinden.
  9. Weitere Folgerung aus der neuronalen Einbrenn-Theorie: die Nichtbenutzung pädophiler Bahnen bleibt nach wie vor ein Muss. Im Unterschied zum Charité-Ansatz muss jedoch die häufige Nutzung anderer(!) Bahnen hinzukommen, damit sich diese irgendwann stärker einbrennen als die pädophilen Bahnen.
  10. Unabhängig von all diesen Theorien: dem Rest-Risiko muss ständig hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden! Einige Verlautbarungen der Charité bagatellisieren dieses Rest-Risiko.
  11. Je höher der Aktivitätsgrad, desto wahrscheinlicher sind Ängste vor Sexualität - allerdings meist Ängste vor Sex mit Erwachsenen. Diese Angst darf nicht ignoriert werden, sondern muss sogar vorrangig behandelt werden! Zum Abbau von Ängsten gibt es inzwischen viele erfolgreiche Methoden - angefangen von verhaltenstherapeutischen Ansätzen wie systematische Desensibilisierung bis hin zu tiefenpsychologisch fundierter Aufarbeitung der Ursachen von Ängsten.
  12. Wenn Veränderungen zu einem neuen seelischen Gleichgewicht mit weniger innerem Leidensdruck führen, dann steigt die Motivation, das bisherige Gleichgewicht zugunsten eines neuen zu verlassen.
  13. Das Machtgefälle zwischen Erwachsenem und Kind dürfte integraler Bestandteil pädophiler Phantasien sein.
  14. Die folgende Hypothese ist ein Versuch, dieser Sadismus-Komponente beizukommen: Vielleicht ist es leichter, in einem Zwischenschritt erst einmal andere, ungefährliche Objekte sexueller Phantasien und Aktivitäten zu finden, bei denen zwar ebenfalls Machtgefälle eine Rolle spielen, die aber keine Schäden an Kindern verursachen können. Hierfür eignen sich eventuell Gegenstände. Auch wenn der Fetischismus mit gesellschaftlichen Tabus belastet ist: er ist um Größenordnungen besser als Kinder zu missbrauchen. S/M mit Erwachsenen wäre zwar ebenfalls besser, hier müsste jedoch sehr genau auf verborgene Missbrauchs-Dynamiken auch bei Erwachsenen geachtet werden. Das Ziel wäre, den pädophilen Aktivitätsgrad schrittweise zu verringern und durch andere Aktivitäten zu ersetzen. Achtung! wegen des Selbstverstärkungs-Effekts neuronaler Aktivierungsmuster könnte es durchaus sein, dass eine schrittweise Umstellung prinzipiell nicht funktioniert. In diesem Fall müssten Methoden entwickelt werden, die für schlagartige Umstellungen sorgen.
  15. Ein Denkansatz für schlagartige Umstellungen (Blitzableiter-Analogie): in der Physik ist bekannt, dass ein Blitz zur Ionisation der Luft führt, die die Leitfähigkeit verbessert. Daher laufen nachfolgende Blitze vorzugsweise in der gleichen Bahn des vorherigen Blitzes. Baut man zwischen ständigen Dauerfeuer-Blitzen einen besseren Ableitungs-Kanal in Form eines Blitzableiters auf, wechseln die Blitze irgendwann ihren Weg. Für die Pädophilen-Therapie könnten analoge Verfahrensweisen für neuronale Aktivierungsmuster entwickelt werden. Diese sollten ggf mit bildgebenden Verfahren aus der Hirnforschung überprüft werden, sofern sich dieses Instrumentarium als diskriminatorische Methode eignet (was vorher zu verifizieren wäre).

Ich setze diese Idee einmal versuchsweise in konkrete Anweisungen zur Selbsthilfe um (bitte nur als unvollkommenen Versuch betrachten):


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