Statt einer Kunst-Galerie gibt es bei mir etwas zum Hören. Falls es aus Copyright-Gründen möglich ist, werde ich vielleicht sogar ein paar Schnipsel zum Hineinhören hier ablegen, allerdings muss ich das noch mit den Plattenfirmen klären.
Die meisten von Euch werden wahrscheinlich mit klassischer Musik nicht so viel anfangen können. Es gibt aber einen ganz bestimmten Komponisten, dessen Lieder sehr viel mit unserem Thema zu tun haben: Franz Schubert.
Einige von Euch werden vielleicht den "Erlkönig" kennen, oder die "Forelle", oder den "Lindenbaum". Keins der Liedtexte stammt von Schubert selbst, aber er hat sie eigenhändig ausgewählt. Und ich finde, seine Auswahl sagt einiges über das aus, womit er sich beschäftigt hat: Gewalt, oft auch sexuelle Gewalt / "Verführung" (bei einigen Liedern wie dem Erlkönig ganz deutlich!), Betrug, oft auch Liebes-Betrug -- und sehr oft diese versteckte Todessehnsucht, immer wieder und immer wieder. Kaum ein Lied, bei dem nicht eins dieser Themen vorkommt.
Und dazu noch eine Vertonung, die an Eindringlichkeit, Aufgewühltheit, Dramatik, Farbenreichtum, Vielfalt und Tiefgang kaum jemals von einem anderen Liedkomponisten wieder erreicht wurde. Die Schubert-Lieder sind einzigartig in der Musikgeschichte.
Mir geht es so, dass ich sie nur selten hören kann, und dann meist nach ein oder zwei Liedern abbrechen muss, weil es mich zu sehr mitnimmt und mir die Tränen kommen.
Den "Lindenbaum" kennt beinahe jeder -- als "Volkslied" verkitscht und mit Pseudo-Romantik überzogen. Lest mal den Text ganz genau -- in der letzten Strophe heißt es "du fändest Ruhe dort" -- den damaligen Lesern war klar, dass damit die "letzte Ruhe" gemeint ist. Wer den Text genau und unvoreingenommen liest, dem kann leicht aufgehen, dass es zwischen den Zeilen um alles andere als um Romantik oder Kitsch geht.
Solche versteckten Anspielungen auf den Tod gibt es fast überall. Man muss die Texte nur mit offenen Augen lesen. Und dazu diese unbeschreibliche Musik. Die wird noch viel plastischer und eindringlicher, wenn man das weiß.
Die Deutung des "Heideröslein" mit dem symbolhaften "Brechen" der Rose kennen vielleicht einige von Euch -- in der damaligen Sprachregelung eine indirekte Anspielung auf Vergewaltigung.
Unser Thema findet sich in sehr viel mehr Liedern als nur diesen wenigen Beispielen. Beinahe so durchgängig, dass man den Verdacht haben könnte, der "Schubert Franzl" (wie es im Wiener Dialekt heißt) habe das nicht aus Jux und Tollerei gemacht, sondern als spräche seine Lebenserfahrung aus ihm.
Ein kleiner Tipp: Thomas Quasthoff ist einer der besten Schubert-Interpreten, der die Stimmung wirklich voll rüberbringt. Leider haftet klassischen Sängern oft immer noch das Opernsänger-Image des italienischen Belcanto-Stils an, den heutige Popmusik-Ohren nicht mögen -- da ist Thomas Quasthoff mit seiner ausdrucksstarken und modulationsreichen Stimme aber so ziemlich das Gegenteil davon. Besonders zu empfehlen ist die CD "Winterreise" mit ihm (siehe z.B. ).